Für Daniel Rohr ist Frank Zappa ein Gesamtkunstwerk. Er hat ihm vor Jahren schon mal eine inspirierende Aufführung gewidmet, damals im Theater am Neumarkt. Jetzt also, im Rahmen der Zürcher Festspiele, probiert er es noch einmal, anders natürlich, und heraus gekommen ist ein brillantes, schräges, vielschichtiges Kunstprodukt, von Musik dominiert und mit kleinen ätzenden Texten garniert.
Alles Dada?
Weil ja in Zürich zur Zeit alles Dada sein muss und der Begriff, der ursprünglich eine kurzlebige, vor hundert Jahren in Zürich entstandene, stark im Sprachlichen verhaftete Kunstform bezeichnete, inzwischen inflationär geworden ist, den Grad grösster Beliebigkeit erreicht hat, musste auch der Abend im Rigiblick dem Dadaismus Tribut entrichten. Was Zappa mit den Dadaisten der ersten Stunde allenfalls verbindet, ist seine Lust am Zerstören von Sinn, von Konvention, von Regeln – eine doch sehr lose, sehr allgemeine Verbindung. Wichtiger als alles war ihm die Musik, das beste was es gibt, wie ihn Rohr zitiert. Und ob man die radikalen Musikerneuerer, Strawinsky, Varèse, Schönberg, Webern, die sich Zappa unter anderen zu Vorbildern nahm, mit den Sprach- und Sinnzerstörern der Dada-Bewegung vergleichen kann, bleibt fraglich.
Gitarrist war er, Sänger und vor allem Komponist. Unzählige Stunden über Notenblätter gebeugt. Jazz verband er mit Rock und Rock mit orchestraler E-Musik. Seine Songtexte provozierten, waren subversiv, sarkastisch und böse. Er war eher einer für die „happy few“, aber einige seiner Songs erreichten Kult-Status.
Energiegeladene Ensembles
Daniel Rohr hat ein Händchen für rockige, musikalisch-theatralische Aufführungen, das hat er schon mehrfach bewiesen. Mit „Frank Zappa symphonisch und in Rock“ übertrifft er sich selbst. Was nicht zuletzt den beiden energiegeladenen Musikensembles zu verdanken ist, die ihn in seiner hommage vehement unterstützen. Eine kleine Rockband, in die rechte Bühnenecke geklemmt, und das wunderbare argovia philharmonik, dirigiert von Douglas Bostock, bewegten und zerhackten den Abend, trieben sich gegenseitig von Höhepunkt zu Höhepunkt. Zwischen den einzelnen Stücken und Songs griff sich Rohr das Mikrophon, um Müsterchen aus Zappas verbalem Giftschrank vorzutragen, mehr oder weniger charmant imprägnierte Bösartigkeiten, die vor nichts und niemandem Halt machten, auch vor der eigenen Person nicht.
Die Rockband schmetterte Zappa-Songs in den Saal, samt Zwischenrufen, ausgelassenem Wippen, Hüpfen, Tanzen; die Philharmoniker nahmen sich einiger orchestraler Stücke Zappas an, wobei vor allem die Bediener der Schlaginstrumente schwer gefordert waren und überhaupt, die Grenzen zwischen E- und U-Musik verwischt, diejenigen zwischen Klamauk und Klangexperiment ausgiebig ausgetestet wurden – alles in bestechender Manier.
Für Musikologen war es besonders spannend zu verfolgen, wie ein und dasselbe Stück im Lauf der Jahre verändert wurde, einmal von der Rockband, einmal von den Philharmonikern gespielt, je andere Qualitäten und Klangfarben auswies. Für Informationssuchende bot Rohr nebst spitzen Frechheiten genügend biografisches Material an, um die schillernde Figur des Musikers in ihren Widersprüchen wirkungsvoll zu konturieren. Dem Zappa-affinen Publikum war alles recht; es quittierte Songs, Texte und orchestrale Stücke mit frenetischem Beifall.
Nächste und letzte Aufführung: Donnerstag 16.Juni