Real Clear Politics (RCP), das angesehene amerikanische Wahlforschungsinstitut, sammelt und gewichtet die meisten Meinungsumfragen. Der RCP-Umfrage-Aggregator errechnet Durchschnittswerte.
Laut RCP liegt Biden – auf das ganze Land berechnet – 7,5 Prozent vor Trump (Stand: 14. September). Das renommierte Institut «FiveThirtyEight» von Nate Silver gibt Biden landesweit einen Vorsprung von 7,2 Prozent.
CNN errechnet in seiner Poll of Polls für Biden 51 Prozent und für Trump 43 Prozent. Selbst Fox News, Trumps Haussender, sieht Biden mit 5 Prozent vorn.
Erschwerend für Trump kommt hinzu, dass gemäss Real Clear Politics 54,1 Prozent der Befragten seine Arbeit als Präsident (Job Approval) negativ bewerten (44,9 Prozent positiv). Seinen Umgang mit der Corona-Epidemie taxieren sogar 55,9 Prozent negativ.
Entscheidende Battleground States
All das gibt zwar ein Bild von der Stimmung im Land, ist für die Wahl allerdings nicht entscheidend. Da nicht die Gesamtzahl der Stimmen zählt (Hillary Clinton erhielt vor vier Jahr mehr Stimmen als Trump), sondern die Zahl der in den einzelnen Staaten eroberten Elektoren-Stimmen (Wahlmänner/Frauen), richtet sich der Blick in erster Linie auf die Battleground-Staaten.
Real Clear Politics errechnet auch für diese Battleground-Staaten (Swing States) Durchschnittswerte. Das sind Staaten, deren Mehrheiten oft wechseln.
Real Clear Politics nennt 17 Battleground States, nämlich: Wisconsin, Florida, Pennsylvania, North Carolina, Michigan, Arizona, Minnesota, Ohio, Iowa, Nevada, New Hampshire, Maine, Virginia, Georgia, Texas, Colorado, New Mexico. In diesen 17 Bundesstaaten werden die Wahlen entschieden
100 Tage vor der Wahl, 50 Tage vor der Wahl
Am 22. Juli, gut 100 Tage vor der Wahl, veröffentlichte Journal21.ch die RCP-Durchschnittszahlen der entscheidenden 17 Bundesstaaten. Trump lag damals in 14 der 17 Swing States teils klar zurück.
Und heute, 50 Tage vor der Wahl? Was hat sich in den letzten 50 Tagen verändert? Hat der Präsident Boden gutgemacht, oder hat er an Zustimmung eingebüsst?
Sowohl als auch.
Hart auf hart in Florida?
In den wichtigen Staaten Florida, Pennsylvania, Michigan und Minnesota legte Trump laut Real Clear Politics in den letzten 50 Tagen zu, liegt aber immer noch teilweise knapp hinter Joe Biden. Trump konnte vom republikanischen Parteikongress und seinem Tam-Tam mehr profitieren als Biden von der demokratischen Convention.
- In Florida lag Biden im Juli laut RCP 6,4 Prozent vor Trump. Jetzt sind es nur noch 1,2 Prozent.
- In Pennsylvania wurde für Biden Ende Juli ein Vorsprung von 7,0 Prozent errechnet, jetzt sind es noch 4,3 Prozent.
- In Michigan verlor Biden 2,9 Prozent und liegt noch 4,2 Prozent vor Trump.
Ohio für Biden?
Andererseits legt Biden in New Hampshire (+5,4 Prozent), New Mexiko ( +3,5 Prozent) und Arizona (+2,9 Prozent) zu.
Im wichtigen Swing State Ohio prophezeite Real Clear Politics im Juli ein Unentschieden. Jetzt, 50 Tage später, führt Biden mit 2,4 Prozent.
Warnung vor Prognosen
Diese Zahlen müssen mit grösster Vorsicht aufgenommen werden. Experten warnen eindringlich davor, aufgrund dieser Werte den voreiligen Schluss zu ziehen, Biden sei auf dem besten Weg, die Wahlen zu gewinnen. Sie erinnern auch daran, dass fast alle Institute vor vier Jahren einen klaren Sieg von Hillary Clinton vorausgesagt hatten.
Und trotzdem: Tatsache ist, dass Biden 50 Tage vor der Wahl in 14 der 17 entscheidenden Battleground-Staaten vorne liegt.
Noch kann vieles geschehen. Wie wirken sich die gewaltsamen Ausschreitungen auf die Wahlen aus? Welchen Einfluss hat Bob Woodwards neueste Enthüllung auf den Wahlkampf? Bringen Trumps abschätzige Worte über das Militär («Losers») da und dort einen Stimmungsumschwung? Welchen Einfluss werden die geplanten drei Fernsehduelle zwischen Trump und Biden haben? Uneinig sind sich die Experten, wie gross der Anteil der «hidden Trump voters» ist, also jener, die sich schämen, offen zuzugeben, dass sie für Trump stimmen und die Meinungsforscher belügen. Die Aussenpolitik, da sind sich die meisten Auguren einig, hat kaum Einfluss auf die Wahlen. Ebenso wenig der von Trump immer wieder bestrittene Klimawandel.
Trumps grösstes Handicap ist sein Versagen in der Corona-Krise und die dramatische Lage auf dem Arbeitsmarkt und der beispiellose Konjunktursturz.
- Trump hatte 2016 10 der 17 Battleground-Staaten gewonnen.
- Einzig in 3 dieser 17 Staaten liegt er jetzt in Führung (Georgia, Texas und Iowa). Doch auch dort ist sein Beliebtheitswert im Vergleich zu vor vier Jahren zum Teil drastisch gesunken.
Die 17 Battleground States
Hier ein Überblick auf die 17 Battleground-Staaten. Angegeben wird
- erstens das Ergebnis von 2016
- zweitens der Umfragewert von Real Clear Politics (RCP) 100 Tage vor der Wahl (im Juli 2020)
- und drittens der RCP-Umfragewert 50 Tage vor der Wahl (Stand: 14. September)
Rot eingezeichnet sind die Staaten, die 2016 von Trump gewonnen wurden, blau jene, die Hillary Clinton gewann.
(Alle Grafiken: journal21.ch/stepmap.de)
(J21)