Südjemen konnte mit Hilfe der südjemenitischen Bevölkerung und durch jemenitische Truppen, die in Saudi-Arabien ausgebildet worden waren, zurückgewonnen werden, weil die einheimische sunnitische Bevölkerung die-Huthi Rebellen – sogenannte fünfer schiitische Zaiditen – als Gegner ansah und bereit war, sich gegen sie zu erheben.
Die Südjemeniten erhielten dabei Hilfe von jenen Teilen der jemenitischen Militärs, die zu dem von Saudi-Arabien unterstützten, aber von den Huthis vertriebenen Präsidenten, al-Hadi, halten. Weitere Hilfe für sie kam aus den mit Saudi- Arabien eng zusammenarbeitenden Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Doch die Soldaten, die aus den reichen Golfstaaten kommen, sind zahlenmässig beschränkt und keine kampferfahrenen Truppen.
Die Huthis im Verbund mit dem früheren Präsidenten
Die Huthis, geübt im Guerilla-Krieg seit 1984, geniessen ihrerseits die Hilfe jener Teile der jemenitischen Armee, die zu dem früheren langjährigen Präsidenten, Ali Saleh Abdullah, halten. Dies sind unter anderen die einstigen Elitetruppen der Präsidialgarde des früheren Präsidenten. Der Luftraum über ganz Jemen stand und steht weiterhin den Kriegsflugzeugen der saudischen Koalition offen, die vom Königreich angeführt wird. Doch der Weg nach Sanaa blieb den pro-saudischen Landtruppen bisher verschlossen.
Festgefahrene Landoffensive
Ein erster Invasionsversuch wurde im Sommer 2015 unternommen, als die pro-saudischen Truppen in der Wüstenprovinz Marib östlich der Hauptstadt über eine Luftbrücke landeten, dort Basen errichteten und versuchten, von ihnen aus Richtung Westen gegen Sanaa vorzudringen. Sie erreichten die Hauptstadt nie. Der Weg dorthin führt über hohe und steile Gebirge, die leicht zu verteidigen waren, und ihre Positionen in den ostjemenitischen Wüstengebieten standen der Infiltration durch Huthi-Kämpfer und deren Verbündete aus der regulären Armee und unter den bewaffneten Stämmen offen.
Die Huthis verfügten auch über Raketen, mit denen sie die Basen ihrer Feinde erreichen konnten und anfänglich schweren Schaden anrichteten. Die Raketen dürften sie aus Iran erhalten haben.
Ein zweiter pro-saudischer Vorstoss der Küste entlang
Die Versuche, aus Marib nach Sanaa vorzustossen, wurden offenbar aufgegeben. Von der östlichen Front gegen die Huthis ist kaum mehr etwas zu vernehmen. Doch die pro-Hadi Truppen haben seit dem vergangenen Januar eine zweite Offensive begonnen, die sie aus dem von ihnen beherrschten Südjemen der Rotmeerküste entlang bis zu der Hafenstadt Hodeida führen soll.
Die Lunge von Sanaa
Hodeida war in Friedenszeiten und bleibt trotz des saudischen Embargos, das primär der Unterbindung von Waffenimporten aus Iran zu Gunsten der Huthis dient, der Hauptweg, auf dem die Hauptstadt und alle Siedlungen im Inneren des Landes verproviantiert werden. Die Huthis beherrschen den Hafen. Falls er fallen sollte, würde Sanaa ersticken.
Die Hauptstadt ist über die älteste Bergstrasse Yemens, die in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von Rotchina als Geschenk für den jemenitischen Imam (Herrscher) und sein Volk gebaut worden war, mit Hodeida verbunden. Die Küstenebene am Roten Meer ist Flachland, das einem Eindringen durch mechanisierte Truppen, wie es die pro-saudischen Kräfte sind, relativ offen steht. Die pro-Hadi Kräfte konnten am 23. Januar die Stadt Mokha einnehmen.
Umkämpfte Armeebasis
Sie stiessen darauf auf der Küstenstrasse nach Norden vor. Zurzeit sind schwere Kämpfe um die Militärbase Khalid Ibn al-Walid im Gang, die nördlich von Mokha bei der Strassenabzweigung liegt, die von der Küstenstrasse nach Osten durch das Küstengebrige nach Taez führt. Die Basis ist eine der grössten Jemens. Sie befand sich bis heute in der Hand jener Teile der jemenitischen Armee, die zum früheren Präsidenten und seinen Verbündeten, den Huthis, halten. Sie wurde in den letzten Tagen schwer bombardiert.
Die Zeitungen aus den Emiraten und aus Saudi-Arabien vermelden, keines der Gebäude in der Basis stehe noch aufrecht. Die Verteidiger haben sich in unterirdische Gänge zurückgezogen, die sie unter der Basis gegraben haben, und suchen sich dort zu halten. Beide Seiten melden, sie hätten den Gegnern schwere Verluste zugefügt. Von den eigenen sprechen sie nicht.
Festgefahren auch vor Taez
Taez, die dritte Stadt Jemens, weiter östlich und jenseits der Küstengebirge, ist seit Monaten Schauplatz von zähen Kämpfen. Dort hat sich die – sunnitische – lokale Bevölkerung gegen die Huthis erhoben und hält die Innenstadt. Doch sie wird von Huthi-Kräften belagert. Die pro-saudischen Landkräfte sind auf dem Weg aus dem Süden, der ebenfalls durch steile Gebirge führt, stecken geblieben und haben Taez nie erreicht. Doch die Stadtbevölkerung erhält Unterstützung durch die Luftwaffe der saudischen Koalition. In Taez herrscht Hunger.
Die Chancen der neuen Offensive
Die Rechnung der Pro-Hadi-Kräfte könnte diesmal aufgehen, weil der Weg der Küste entlang durch die Tihama, wie die Küstenebene heisst, sowohl Angriffen aus der Luft wie auch für Vorstösse mit Panzern und Geländefahrzeugen offen steht. Die Huthis und Pro-Huthi-Kräfte werden jedoch Hodeida entschlossen verteidigen. Der Hafen ist überlebenswichtig für sie. Die Ortschaft Beit al-Faqih, etwa halbwegs zwischen Mokha und Hodeida, wird das nächste Ziel der Pro-Hadi-Kräfte abgeben.
Die Hafenstadt und ihr Umfeld in Gefahr
Die Offensive eröffnet die Perspektive einer künftigen zerstörerischen Stadtbelagerung. In Hodeida leben rund 400‘000 Menschen. Es steht zu befürchten, dass die Hafenstadt – so wie Aleppo – sowohl aus der Luft angegriffen wie auch von den Pro-Hadi-Truppen umstellt und bombardiert werden könnte, während die Pro-Huthi-Kräfte sich in ihr verschanzen und zu verteidigen suchen.
Die internationalen Hilfsagenturen, die in erster Linie von Hodeida aus arbeiten, um die dringend benötigte Nahrung und medizinisches Material ins Innere Jemens zu bringen, haben bereits gewarnt, dass sich in Hodeida eine Katastrophe nicht nur für die Hafenstadt selbst und ihre zivilen Bewohner, sondern auch darüber hinaus für die dicht bewohnten gebirgigen Teile Jemens anbahnt. Dort leben mindestens 12 Millionen Menschen.