Der Gesundheitszustand des russischen Oppositionellen und Putin-Kritikers sei ernst, heisst es in einem am Montag von der Charité veröffentlichten Communiqué (siehe unten). Nawalny befinde sich nach wie vor im künstlichen Koma. Es bestehe jedoch keine akute Lebensgefahr.
Klinische Befunde hätten gezeigt, dass der Oppositionelle mit einer Substanz „aus der Wirkstoffgruppe Cholinesterase-Hemmer“ vergiftet wurde. Um welche Substanz es sich genau handelt, sei noch unklar.
Laut Angaben der Ärzte wird Nawalny mit Atropin behandelt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Vergiftung zu Spätfolgen im Bereich des Nervensystems führen werde. Cholinesterase-Hemmer können dazu führen, dass das Hirn Informationen nicht mehr richtig verarbeiten kann.
Die Publikation von Einzelheiten über den Gesundheitszustand von Nawalny erfolgt nach Absprache der Ärzte mit Nawalnys Frau Julia.
Gift im Tee?
Nawalny war am Donnerstag auf dem Flug von Tomsk in Sibirien nach Moskau zusammengebrochen. Das Flugzeug setzte daraufhin in Omsk zu einer Notlandung an. Nawalnys Begleiter erklärten, der Oppositionelle habe an diesem Morgen einzig einen Tee zu sich genommen. Seine Mitarbeiter gehen davon aus, dass Gift in das Getränk geschüttet worden sei. Die russischen Ärzte, die vorerst widersprüchliche Angaben über den Gesundheitszustand machten, verweigerten zunächst eine Überführung nach Deutschland. Nawalnys Mitstreiter vermuteten eine absichtliche Verzögerung, damit das Gift nur noch schwer nachgewiesen werden könne. Am Samstag wurde der Patient dann nach Berlin geflogen.
(J21)
Hier das Statement der Charité im Wortlaut
Since his admission at the weekend, Alexei Navalny has been receiving treatment at Charité – Universitätsmedizin Berlin. The patient is being treated in intensive care and remains in medically induced coma. While his condition is serious, it is not currently life-threatening.
Following his admission, Mr. Navalny underwent extensive examination by a team of Charité physicians. Clinical findings indicate poisoning with a substance from the group of cholinesterase inhibitors. The specific substance involved remains unknown, and a further series of comprehensive testing has been initiated. The effect of the poison – namely, the inhibition of cholinesterase in the body – was confirmed by multiple tests in independent laboratories.
As a result of this diagnosis, the patient is now being treated with the antidote atropine. Alexei Navalny’s prognosis remains unclear; the possibility of long-term effects, particularly those affecting the nervous system, cannot be excluded.
The treating physicians remain in constant contact with Mr. Navalny’s wife. After close consultation with the patient’s wife, Charité is reassured that the decision to make details of the patient’s condition public would be in accordance with his wishes.