Unser Beruf ist in Verruf geraten: Zum Jahreswechsel und natürlich auch im Hinblick auf das Mediengesetz, über das am 13. Februar abgestimmt wird, häufen sich Standortbestimmungen, Klagen, scharfe Kritiken unseren Beruf, den Journalismus betreffend. Dessen Ansehen, meint zum Beispiel Philipp Loser im «Tages-Anzeiger-Magazin», sei heute «ziemlich schlecht». Die Printmedien verlieren laufend an Dimension und an Bedeutung, Tempo ist wichtiger als Qualität, das «Narrativ» konkurrenziert die faktenorientierte Recherche und eine Dauererregung der Schreiberinnen und Schreiber scheint zur selbstverständlichen Voraussetzung der Produktion von Artikeln zu werden.
Loser möchte den Journalismus als «Pfeiler der Aufklärung» zurückhaben, geschrieben Tag für Tag von unbestechlichen Berufsleuten, die er, pathetisch, «Heldinnen und Helden» nennt.
Kurt W. Zimmermann in der «Weltwoche» sieht das ganz düster. Für ihn sind wir «hartgesottene Moralisten», allerdings nur, wenn wir vor dem Computer sitzen. In der übrigen Zeit ist uns nicht zu trauen. Es gibt kein Vergehen, keine Missetat, die uns nicht zuzumuten wäre. Moralisch sind wir disqualifiziert und deshalb für irgendwelche wichtigen Posten ausserhalb unserer Blase ungeeignet. In der gleichen «Weltwoche» gibt Zimmermanns Chef, Roger Köppel, noch einen drauf. «Journalisten als schreibende Inquisition» nennt er uns traurige Gesellen. Mitglieder von «Gesinnungskirchen» seien wir, «Schauprozessankläger, «verurteilungssüchtig».
Ganz so schlimm, möchte man Loser, Köppel und Zimmermann sagen, wird’s nicht sein. Zugegeben: die penetranten Moralapostel im Journalismus nerven, aber ein bisschen Moral verträgt und benötigt auch die reinste Aufklärungsarbeit. Zu Heldinnen und Helden muss man uns deswegen noch lange nicht stilisieren. Ein bisschen runterkommen von den durchgehend schrillen Tönen würde nicht schaden; mehr Gründlichkeit, Aufmerksamkeit, Recherche statt emotionale Schnellreaktion und entsprechend wenig reflektierte Meinung könnte der Glaubwürdigkeit unseres Metiers nur nützen. Schliesslich scheint es uns ja immer noch zu brauchen.