Dieser Waffentransfer wird direkt durch staatliche Stellen oder durch Händler ohne Hemmungen an unverantwortliche Regierungen oder an bewaffnete Oppositionsbewegungen abgewickelt. Es handelt es nicht um nukleare, biologische oder chemischen Waffen, sondern um konventionelle Waffen, die fast eine halbe Million Menschen im Jahr töten, meistens Zivilpersonen, nicht nur in bewaffneten Konflikten.
Endlich ein Uno-Abkommen zur schärferen Kontrolle?
Die Anstrengungen in Richtung eines bindenden Übereinkommens über den internationale Handel mit Kriegsmaterial sind seit den ersten Verhandlungen im Rahmen des Völkerbundes immer gescheitert. Jetzt sind wir allerdings nahe vor dem Abschluss eines internationalen Abkommens über den Handel mit konventionellen Waffen im Rahmen der UNO - aufgrund eines Vorschlages einer intergouvernementalen Arbeitsgruppe, die während mehrere Jahren getagt hat. Dabei hat die schweizerische Diplomatie eine markante Rolle gespielt.
Die Verhandlungen waren hart, und es mag in Zukunft noch härter werden, wenn Regierungen mit verbildlichen Vertragsbestimmungen konfrontiert werden. Ein effizientes und starkes Abkommen ist notwendig. Man muss den vielen Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte sowie dem willkürlichen Gebrauch von Waffen für die sexuelle Gewalt an Frauen und Kinder und für Terroranschlägen jeglicher Art ein Ende setzen.
Exorbitante Militärausgaben
Kinder-Soldaten sind die ersten, die solche Waffen gebrauchen, meisten illegal importiert, ohne jegliche Schulung der jungen Verbraucher in humanitärem Recht. Um effizient zu sein, muss das Übereinkommen alle Arten der klassischen Bewaffnung und der Munition abdecken sowie das Kriegsmaterial, das in Ordnungsoperationen tödlich sein kann. Die Konvention muss einen sehr weiten Anwendungsbereich haben und namentlich für Exportbewilligungen eine seriöse Analyse der Risiken vorsehen. Schliesslich soll eine vom Importeur zu unterzeichnende Endverbrauch-Erklärung vorliegen. Unrechtmässige Exporte sollen mit allen Mitteln untersagt werden. Die unglaubliche Geschichte von Viktor But zeigt, wie dringend eine Lösung ist.
Die Genfer Erklärung über Gewalt und Entwicklung hat Ende 2011 festgehalten, dass jeden Tag 1500 Personen in Konflikten, durch Mord oder organisiertes Verbrechen getötet werden. Das sind Opfer konventioneller Waffen, inklusive Minen. Vergessen wir in diesem Zusammenhang nicht, dass die Militär-Ausgaben in der Welt mehr als jährlich 1500 Milliarden Dollar erreichen (wovon 40 Milliarden Exporte konventioneller Waffen). Die Mittel für die Entwicklungshilfe erreichen lediglich 130 Milliarden!
Erfolge bei der Anti-Minen-Kampagne
Das Humanitäre Völkerrecht, insbesondere das Zusatzprotokoll 1 der Genfer Konvention, ist eindeutig im Hinblick auf den Gebrauch von Waffen. Nach einer kürzlich erschienenen IKRK-Studie ist es verboten, Kriegsmittel oder –methoden zu gebrauchen, die überflüssige Leiden verursachen können. Diese Bestimmung ist Humanitäres Völkergewohnheitsrecht.
Meine Erfahrung in den Verhandlungen zur Ottawa-Konvention gegen Antipersonen-Minen, die auf meinen Appell von 1994 für ein Totalverbot dieser Waffen folgte, zeigt die Bedeutung der Zivilgesellschaft, darunter die Rotkreuzgesellschaften hinter dem IKRK, um Regierungen unter Druck zu setzen und ihre Unterhändler die Verantwortung zu übertragen. Nach zwölf Jahren gibt es 160 Vertragsparteien – auch wenn einige Grossproduzenten noch nicht beigetreten sind. Die Minenopfer sind dramatisch gesunken, 50 Millionen Minen aus den Zeughäusern sind zerstört worden und eine grosse Anzahl Länder hat die vollständige Klärung ihres Gebietes von Minen beendet. Was in diesem Zusammenhang sicher von grosser Bedeutung ist, ist die ständige Stigmatisierung der Länder, die noch nicht beigetreten sind.
Nötiger Druck durch die Zivilgeschaft - auch in der Schweiz
In den Ottawa-Verhandlungen – wie auch in den Verhandlungen von Oslo für Streumunition – hat die Zivilgesellschaft dazu beigetragen, zwei neue Übereinkommen zu realisieren, die – wie die Genfer Konventionen – Teil des Humanitären Völkerrechts sind. Die Zivilgesellschaft war mit Wortrecht im Saal vertreten und spielte damit eine wesentliche Rolle. Diesmal in einer UNO-Verhandlung wird es für Nicht-Regierungs-Organisationen schwieriger sein.
Aus diesem Grund ist die Aktion von Amnesty International zu begrüssen, die schon jetzt öffentlich Druck macht, um den Einsatz gegen den Waffenhandel aufzubauen. Dies ist auch gegenüber dem Schweizerischen Bundesrat, der sich 2005 für den Abschluss eines solchen Abkommens ausgesprochen hatte, notwendig. Die Schweiz muss hart bleiben und allen extraparlamentarischen Lobbys sowie nationalen wie internationalen politischen Kreisen standhalten.
Marktfundamentalismus soll verurteilt werden, gerade im delikaten Bereich des Kriegsmaterial!
Cornelia Somaruga war schweizerischer Staatssekretär und IKRK-Präsident