Fast 20 000 Besucherinnen und Besucher vermochte die dreitägige Messe zwischen dem 12. und dem 14. November nach Basel zu locken. Über 200 Verlage waren in der Halle 4.1. des Basler Messegeländes vertreten. Mehr als 200 Veranstaltungen – Lesungen und Diskussionen – boten Jung und Alt Anregung und Unterhaltung. Und auch der Verkauf von Büchern soll äusserst zufriedenstellend gewesen sein.
Highlights der gesamten Veranstaltung waren zweifellos die Eröffnung am Donnerstagabend mit dem Festvortrag der renommierten Literaturwissenschaftlerin und bekennenden E-Book-Leserin Ruth Klüger sowie die Verleihung des Schweizer Buchpreises am Sonntagvormittag kurz vor 12 Uhr (vgl. Journal21 vom 16.11.). Für diesen bedeutenden Anlass im Schweizer Bücherjahr bietet die BuchBasel den idealen Rahmen; er seinerseits verleiht der Messe zusätzlichen Glanz – eine Win-Win-Situation also, an der man unbedingt festhalten sollte.
Das Beste ist das Begleitprogramm
Doch trotz erfreulichen Zahlen und positiven Reaktionen scheint es angebracht, kritisch nach Sinn und Zweck einer Veranstaltung wie der nun schon zum zwölften Mal durchgeführten BuchBasel zu fragen. Warum braucht die Schweiz, braucht Basel eine Buchmesse? Wem bringt sie etwas? Und was ist das Lohnende daran?
Um es gleich vorwegzunehmen: Das Beste an der BuchBasel ist das Begleitprogramm, jenes Buch- und Literaturfestival also, das seit 2003 zeitgleich mit der eigentlichen Buchmesse über die Bühne geht. Verantwortlich für dieses Programm ist Katrin Eckert, die frühere Lektorin des Pendo-Verlags und heutige Intendantin des Literaturhauses Basel. Ihr ist es gelungen, auf verschiedenen Foren eine abwechslungsreiche Folge von literarisch, politisch und gesellschaftlich relevanten Veranstaltungen auf die Beine zu stellen, die für fast jeden – auch eine Kinderzeltstadt fehlte nicht – etwas zu bieten hatte. Mit diesem Programm traf sie offensichtlich den Nerv des Publikums. Die Foren waren durchwegs gut bis sehr gut besucht, und es wurde gelesen, diskutiert und geplaudert, dass es eine reine Freude war.
Der Oberbegriff "Buch"
Nicht nur die für den Buchpreis nominierten Autorinnen und Autoren Dorothee Elmiger, Urs Faes, Pedro Lenz, Melinda Nadj Abonji sowie Kurt Marti, vertreten durch die Schauspielerin Chantal Le Moign, hatten ihren Auftritt und erlaubten es dem Publikum, sich, unabhängig vom Jury-Entscheid, eine eigene Meinung über die ausgewählten Bücher zu bilden. Auch zahlreiche andere Autorinnen und Autoren – literarische und nicht literarische – kamen zu Wort und führten vor Augen, welche Vielfalt an Themen sich unter dem Oberbegriff „Buch“ ausbreiten lässt.
Da gab es ein Dialogforum, an dem etwa Corina Caduff mit Stefan Zweifel über den „unendlichen Bedarf an Anerkennung“, Aurel Schmidt mit Emil Zopfi über „die Faszination der Alpen“ oder Arno Camenisch mit Guy Krneta über „Spoken Word und das Schreiben im Dialekt“ diskutierte. Da gab es das Literaturforum, das neben den für den Buchpreis Nominierten eine ganze Reihe anderer Autorinnen und Autoren aus dem In- und Ausland, Lukas Hartmann zum Beispiel, Paulus Hochgatterer oder der Leipziger Buchmesse-Preisträger Michael Klein, zu Wort kommen liess. Und da gab es das Themenforum, das so unterschiedlichen Fragen wie dem Geheimnis glücklicher Beziehungen, der Situation palästinensischer Frauen in den besetzten Gebieten oder dem Schicksal administrativ Verwahrter in der Schweiz nachging.
Das alles war spannend, unterhaltsam, informativ und entsprach in etwa dem Themenspektrum, das Literaturhäuser und Kulturzentren das ganze Jahr hindurch auch zu bieten haben. Verlockend waren die Fülle und die Konzentration, die in kurzer Zeit und auf engem Raum gewährleistet waren.
Das Fehlen wichtiger Verlage
Doch nun zur Buchmesse selbst. Buchmessen gibt es eine ganze Reihe. Interessant sind für die Schweiz, neben Genf, vor allem die beiden bedeutenden Veranstaltungen in Deutschland: die grosse, für den Handel mit Titeln und Rechten wichtige Frankfurter Buchmesse im Herbst und die etwas kleinere, aber publikumsnähere Leipziger Messe im Frühling. Mit beiden kann Basel nicht Schritt halten, zu eng ist der Rahmen, zu zufällig die Auswahl der vertretenen Verlage.
Gewiss, es klingt beeindruckend, wenn von über 200 Ausstellern die Rede ist. Bei genauerer Betrachtung jedoch hielt sich die Zahl der im Fiction- wie im Non-Fictionbereich relevanten Verlagshäuser leider sehr in Grenzen. Natürlich waren die Grossen der Branche vertreten: Diogenes aus der Schweiz, aus Österreich Jung und Jung, der das Buch von Melinda Nadj Abonji herausgebracht hat, und aus Deutschland unter anderen Suhrkamp, Beck, Kiepenheuer & Witsch, Knaus und Weissbooks.
Ihre Anwesenheit vermochte aber nicht darüber hinwegzutäuschen, dass auch einige der wichtigen Namen fehlten: Hanser war ebenso wenig vertreten wie sein Schweizer Ableger Nagel & Kimche, Fischer war nicht da, Rowohlt nicht und auch nicht der Berlin Verlag. Und gäbe es in der Schweiz nicht noch den Zusammenschluss unabhängiger Verleger, die „Swiss Independent Publishers“ (Swips), denen so bekannte Unternehmen wie Lenos, Limmat, Union, Rotpunkt, Scheidegger & Spiess und Dörlemann angehören, man hätte sich gefragt, wo denn die Schweizer Verlagsszene geblieben sei.
Kleiner und schweizerischer?
Die stolze Zahl von über 200 Teilnehmern setzte sich nämlich mehrheitlich aus Verlagen zusammen, von denen man entweder noch nie etwas gehört hatte oder die mit Literatur wenig bis gar nichts zu tun haben. Nichts gegen Kleinverlage, nichts gegen Esoterik und Lebenshilfe und auch nichts gegen den Vertrieb von Kalendern, Postkarten und Notizbüchern, doch eine Veranstaltung, die den Anspruch erhebt, eine Buchmesse für die Schweiz zu sein, müsste repräsentativer sein und inhaltlich mehr zu bieten haben, als dies in der Halle 4.1. in diesen drei Tagen der Fall war.
Und vor allem, sie müsste sich entscheiden, was sie denn eigentlich sein will: ein Branchenanlass wie die Frankfurter oder eine Publikumsveranstaltung mit Lesungen und Podien wie die Leipziger Messe? Oder von beidem etwas – nur kleiner und eben schweizerischer?
Nach einem ausgiebigen Besuch in Basel ist für mich diese Frage noch nicht befriedigend beantwortet. Es schien mir alles zu eng, zu klein, zu zufällig. Spannend, wie gesagt, das Begleitprogramm, gut assortiert der Büchertisch der ortsansässigen Buchhandlung Bider &Tanner und eine Fundgrube die grosse Auslage der „Swiss Independent Publishers“. Der Rest? Keine Alternative zu Frankfurt und Leipzig und eigentlich auch nicht zu Genf, sondern ein gut gemeinter Ansatz, der noch einmal überdacht werden sollte, wenn er eines Tages für die Schweiz Massstäbe setzen möchte.