Der Wunsch nach Abgrenzung lässt sich als internationaler politischer Megatrend beschreiben. Aber er bietet keine Erfolgsgarantie. Im Gegenteil, manche Verfechter dicker Striche wirken mit der Zeit immer hilfloser und grotesker. Denn sie können ihre Versprechen nicht halten. Trump bekommt nicht seinen Zaun an der mexikanischen Grenze und Theresa May nicht den von ihr gewünschten Brexit.
Abgrenzung, in gesteigertem Masse sogar Abschottung, sieht auf den ersten Blick recht einfach aus und stösst auf grosse Popularität. Sie erweist sich aber in dem Masse als unlösbar, wie es an die Verwirklichung geht. Ein erster Reflex besteht in Schuldzuweisungen: Europa ist gegenüber England arrogant, die Demokraten wollen Trump nur eines auswischen.
Ob man Zäune baut, Verträge auflösen möchte oder hochkomplexe Technik wie die von Huawei implementiert, was derzeit ebenfalls den Wunsch nach Abgrenzung hervorruft: Immer wieder zeigt sich, dass die Nebenwirkungen unerwartet heftig sind. Man steht vor einem Berg von Schwierigkeiten, mit denen niemand gerechnet hat. Der archaische Reflex der Schuldzuweisung an bestimmte Personen oder Gruppen verstellt den Blick auf die Ursachen und sorgt dafür, dass die Probleme noch unlösbarer werden.
Wer die Komplexität sieht und zum Thema macht, ist nicht einfach arrogant, wie die Engländer von der EU-Administration meinen. Verflechtungen, die über Jahrzehnte gewachsen sind, lassen sich nicht mit wenigen Federstrichen annullieren, ohne zugleich die Vorteile und Freiheiten, die durch diese Verflechtungen ermöglicht wurden, zu verlieren. Und wer die Vorteile nutzen will, die die fortgeschrittenste Technik zu niedrigen Preisen auf internationalen Märkten bietet, muss damit rechnen, dass die Anbieter nicht immer seine Freunde sind.
Es ist kein Zufall, dass gerade in unserer Zeit in verschiedensten Regionen vermehrt Grenzen mit Zäunen „geschützt“ werden. Das ist ein archaischer Ausdruck für Überforderung und Hilflosigkeit. Man kann das auch Regression nennen. Es werden noch viele Zäune gebaut werden.