Während in Timbuktu bigotte Bilderstürmer dabei waren, als Welterbe geschützte Mausoleen ihrer sufistischen Glaubensbrüder im Namen islamistischer Rechtgläubigkeit zu demolieren, erweiterte die Unesco in einer Sitzung in St. Petersburg das Inventar der Welterbestätten um 26 neue Natur- und Kulturgüter.
Unter diesen ist auch der Grabturm Gonbad-e Qabus im nordöstlichen Iran. Dem Gonbad („Kuppelbau“) dient ein eingeebneter prähistorischer Siedlungshügel als Sockel. Der 52 Meter hohe und hohle Turm stand einst isoliert in der Turkmenensteppe; heute ist er das Wahrzeichen und der Namensgeber einer modernen iranischen Stadt. Kein anderer Grabturm in Iran ist höher oder besser erhalten. Der sich leicht verjüngende Rundturm mit konischem Dach, erbaut mit gelben gebrannten Ziegeln und mit Risaliten gerippt, entbehrt jeden Schmucks.
Zwei identische Inschriften nennen das Baujahr – in die christliche Ära umgerechnet: 1006/1007 n. Ch. – und den Grabherrn, den für seine Grausamkeit berüchtigten Emir Shams al-Maali Qabus ibn Voshmgir. Er wurde 1012 ermordet und bezog den zu seinen Lebzeiten erbauten Turm in einem Glassarg. Die Grabanlage hätte bei den malischen Eiferern von heute sicher Anstoss erregt. Zwar war der Emir ein strenggläubiger Sunnit, aber offenbar nicht gegen zoroastrische Anfechtungen gefeit.
Der Glasssarg wurde im Turm an Ketten aufgehängt, unter der Kuppel frei schwebend. Keinesfalls durfte nach zoroastrischer Lehre der Leichnam die heilige Erde berühren. Zudem trafen die Strahlen der Morgensonne durch ein strategisch angeordnetes Fenster im Kuppeldach den Toten, Himmelfahrt verheissend. Auch dieses unislamische Arrangement weist vermutlich auf die altiranische Lichtreligion zurück. Aufnahmejahr: 1978 (Coypright: Georg Gerster/Keystone)