Emotionale Begrüssung: Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni trifft in Brüssel Wolodymyr Selenskyj. Die Staats- und Regierungschefs der EU beraten zur Zeit an einem zweitägigen Gipfeltreffen in der belgischen Hauptstadt darüber, wie sie der Ukraine weiter helfen könnten. Meloni fühlt sich vom französischen Präsidenten Macron übergangen und kritisiert ihn scharf.
Macron hatte im Elysée-Palast ein Dreiertreffen mit Selenskyj und Bundeskanzler Scholz arrangiert – ohne Meloni. Diesen Dreiergipfel bezeichnete die italienische Regierungschefin als «unzeitgemäss». Vor italienischen Journalisten sagte Meloni, Macron betreibe «Effekthascherei» und sei bereit, das westliche Bündnis zu beschädigen. «Ich habe Verständnis für innenpolitische Fragen und den Wunsch, die eigene Meinung in der Öffentlichkeit zu vertreten, aber manchmal besteht die Gefahr, dass dies der Sache abträglich ist. Unsere Stärke muss die Einigkeit sein.» Indirekt kritisierte sie auch Scholz und Selenskyj, die die Einladung zum Pariser Dreiertreffen angenommen hatten.
Italienische Medien sprechen von einem «Affront» Macrons Italien gegenüber. Meloni hatte sich – trotz einigen innenpolitischen Widerständen – immer klar auf die Seite des westlichen Bündnisses und gegen Russland gestellt.
Um Melonis Ärger abzubauen, wurde dann am Donnerstag ein 15-minütiges bilaterales Treffen mit Selenskyj arrangiert. Diese Begegnung fand im Stehen statt.
Macron kommentierte die Verärgerung von Meloni so: «Ich habe keinen Kommentar zu den Äusserungen von Meloni abzugeben. Ich wollte Präsident Selenskyj mit Bundeskanzler Scholz empfangen. Seit acht Jahren spielen Deutschland und Frankreich in der Ukraine-Frage eine besondere Rolle. Und ich denke, es ist auch Sache von Selenskyj, das Format zu wählen, das er möchte.»
Melonis Ausgrenzung durch Macron löst in Rom Reaktionen aus. Italien sei zunehmend «isoliert», erklären die Sozialdemokraten. «Für Meloni ist der Spass vorbei», sagt der Chef der Cinque Stelle. Und Lega-Chef und Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini erklärt: «Die Antwort an Macron wird in den nächsten Wochen kommen. Ohne Italien kommen wir nicht weiter. Und ich zähle darauf, dass Frankreich und Deutschland dies verstehen, denn ausgrenzen ist nicht sinnvoll und nicht intelligent.»
Selenskyj befindet sich auf seiner zweiten Auslandreise seit Beginn des russischen Überfalls vor knapp einem Jahr. Im Dezember hatte er Washington besucht.