Es ist „ein abenteuerliches Unterfangen“, schreibt der Autor. Er schildert die Geschichte seiner Ahnen, die im elften Jahrhundert in „Zollinchovun“, das im heutigen Zollikon am Zürichsee erstmals aktenkundig wurde. Schon 1145 wird Genaueres über den Traubenanbau und die Weinkultur in Zollikon berichtet, die damals schon mindestens 200 Jahre alt sein mochte.
Doch das Buch ist viel mehr als eine Familien-Chronik. Diese ist nur die Rahmengeschichte. Zollinger bettet die Stationen seines Geschlechts, die er bis in die heutige Zeit beschreibt, ins lokale, helvetische und europäische Umfeld ein. So entstand, „aufgehängt“ an der Familiensaga der Zollingers, ein lokales, schweizerisches und europäisches Geschichtsbuch – klar dargestellt und mit vielen Dokumenten, Stichen, Karten und Fotos dokumentiert.
Aufgebaut ist das Werk wie der einst berühmte „Grosse Kulturfahrplan“. Er stellt die Ereignisse nicht nur vertikal, sondern horizontal dar und berichtet über „Quer-Ereignisse“. Zum Beispiel: Was geschah in Zürich, in Helvetien, in Europa als die Zolliker (Zollinger) 1268 von Zollikon nach Grüningen auswanderten?
Zollinger wartet mit vielen Anekdoten auf. Unter anderem diese: Wie entstand das Wappen der Zürcher Gemeinde Zollikon?
In der zweiten Hälfte des 12.Jahrhunderts lebte ein „Dietericus de Zollinchon“. Er wohnte in einer Burg an der „Goldenen Halde“ unterhalb der Kirche. Er überlegte sich, welch ritterliches Kennzeichen er sich zulegen sollte. „Da rauschte ein sonderbarer Vogel heran, der den grübelnden Edelmann nach seinen Sorgen fragte. Nachdem Dietrich dem seltsamen Wesen gestanden hatte, wo ihn der Schuh drückte, hob der Vogel seine Schwingen und brachte dem Burgherren, wonach sein Herz verlangte: das Blau des Himmels, das Silber des Sees und das Gold des Abendsterns und fügte die drei Elemente geschickt zu einem hübschen Schild zusammen“. Aus Dank dafür setzte ihn Dietrich (Dietericus) in das Wappen ein. Später, so geht die Sage, wurde der Vogel abgeschossen. Jetzt verschwindet er aus dem Wappen und hinterlässt einen blutroten Streifen.
Das aufwendig, sehr gut dokumentierte, verständlich und farbig geschriebene 240 Seiten dicke Buch ist eine kritische Zeitreise durch über tausend Jahre Geschichte. Man kann Geschichte auch so darstellen – und das kann spannender sein als manche der drögen Geschichtsbücher es sind.
Zum Schluss gibt der Autor einen Ausblick: „Waren es in der Vergangenheit mehrheitlich Männer, die Geschichte schrieben, werden es in Zukunft immer häufiger starke Generationen engagierter Frauen sein, die unüberhörbar politisch und wirtschaftlich mitgestalten werden. ... Damit verbunden ist die Überzeugung, dass sich die hohe Weltpolitik nach der momentan brandgefährlichen Ära der Autokraten und Populisten demokratisch weiterentwickeln wird. Dass sich die ökologischen Werte in die Zukunftsplanspiele der Entscheidungsträgerinnen und -träger einbauen lassen werden. Dass das Gebot der Nachhaltigkeit rechtzeitig doch noch verstanden wird. Die nachfolgenden Generationen haben ein Anrecht darauf.“
Christoph Zollinger: „Tausend Jahre Zürcher Wurzeln“. Zeitreise von Zürcher Familien im Spiegel der Geschichte, Th. Gut Verlag, 2019.