Fotos können viel. Sie können den Schweiss der Arbeiter zeigen. Doch wer daran verdient, zeigen sie nicht. Auch die gesellschaftlichen Verhältnisse der Arbeiter bleiben unbekannt. Um diese Themen dreht sich die Ausstellung "Arbeit", die am Freitag im Fotomuseum Winterthur eröffnet wurde.
Thomas Steinfeld, der Feuilletonchef der Süddeutschen Zeitung, hat ein Essay zu dieser Ausstellung geschrieben. Die Fotografie „kann zwar Arbeit und Elend, Schweiss und Schmerz zeigen“, aber sie mag nicht zu erklären, „wer an dieser Anstrengung verdient“. Steinfeld spricht von „der Gleichgültigkeit der Kamera gegenüber dem Fotografierten“.
Viele Arbeiten seien „kaum bildfähig“. Die „ihr zugrunde liegenden gesellschaftlichen Verhältnisse, von der Bezahlung und der Organisation der Arbeitszeit bis hin zu Ausbeutung und Abhängigkeit“ würden sich dem Blick verschliessen.
Aussergewöhnlich an der Ausstellung, die bis zum 8. Mai 2011 dauert, ist der grosse Anteil an Fotografien aus den Archiven wichtiger Schweizer Firmen, so von Maag Zahnräder, Von Roll, Volkart und Haldengut.
Gerade das Album „Haldengut 1954“ zeigt viele Menschen an der Arbeit. Unter den Bildern stehen – fein säuberlich notiert – die Namen der Arbeiter und ihr Austrittsdatum.
Die Menschen in der Fabrik standen im Mittelpunkt. Das kann man an den ausgestellten Fotos ablesen. Die Arbeiter und Angestellten sind herausgeputzt. Von Schweiss und Mühsal ist hier nichts zu sehen. Da waren Werkfotografen an der Arbeit, die wohl auf Geheiss der Direktion, das Unternehmen im besten Licht darstellen wollten. Und: Die Arbeiter hatten einen Namen. Vielleicht wurden sie schlecht bezahlt und da und dort gar ausgebeutet: aber man kannte sie persönlich.
Heute haben die Maschinen einen Namen. Die Tunnelbohrmaschinen im Neat-Stollen heissen Gaby I und Gaby II. Die Namen der Menschen, die die Maschinen bedienen, kennt man kaum. Die Robotisierung der Arbeitsabläufe hat den Menschen in die Anonymität gerückt. Im Mittelpunkt steht heute die Maschine, das Fliessband, der Computer.
Gefördert wird die Anonymisierung durch die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte. Viele ihrer Namen kann man gar nicht aussprechen. Man kennt die Länder nicht, woher sie kommen – und will sie vielleicht auch nicht kennen.