Ranghohe Vertreter der USA, Russlands und der Uno sind am Freitag in Genf zusammengetroffen, um „technische Fragen“ bei der Umsetzung eines Friedensprozesses für Syrien zu lösen. Wegen der mutmasslichen Bedrohung durch islamistische Terroristen wurden die Gespräche vom Uno-Gebäude an einen geheimen Ort verlegt. Ziel ist, einen Fahrplan für die kommenden Verhandlungen auszuarbeiten.
Wer soll beteiligt werden?
Nach russischen Quellen geht es vor allem darum, eine Teilnehmerliste aufzustellen. Vize-Aussenminister Gennadi Gatilow erklärte vor den Genfer Beratungen, man müsse eine Unterscheidung treffen zwischen terroristischen Organisationen und Oppositionsgruppen, die in den Verhandlungsprozess eingebunden werden könnten.
Seit Mittwoch versammelt sich in der saudiarabischen Hauptstadt Riad eine Vielzahl von syrischen Oppositionsgruppen, die das saudische Königsreich zu einer vereinten Front von Gegnern des syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad zusammenschweissen möchte. Nicht eingeladen wurden die Kurden. Die Saudi-Araber möchten ihre Aktionen auf den Kampf gegen Assad konzentrieren, und nicht gegen den „Islamischen Staat“.
Plan für freie Wahlen innert 18 Monaten
Saudi-arabische Diplomaten erläutern, dass die Gespräche zwischen den syrischen Oppositionellen in Riad „die erste Etappe des kürzlich in Wien beschlossenen Fahrplans“ darstelle. Die am 14. November ausgearbeitete Erklärung der 17 Teilnehmerstaaten der Wiener Konferenz sieht als erste Massnahme einen Waffenstillstand vor. Am 1. Januar sollen dann formale Verhandlungen zwischen der Regierung und den Oppositionsparteien unter der Ägide der Uno beginnen. Innert 18 Monaten sollen eine neue Verfassung ausgearbeitet und freie Wahlen stattfinden.
Das klingt so schön, dass niemand daran glauben mag. Was derzeit in Syrien stattfindet, ist ein Krieg von jedem gegen jeden. Es ist der Zusammenbruch eines höchst fragilen ethnischen und religiösen Gefüges in Syrien und im Libanon, das im Laufe der Geschichte von Türken und Franzosen respektiert wurde; erst die Assad-Dynastie brachte es ins Schwanken.
Ohne Druck von aussen wird es unmöglich sein, die verschiedenen Bevölkerungsteile zu befrieden. Der aufgestaute Hass ist enorm. Mit dem „Islamischen Staat“ lassen sich überhaupt keine Verträge abschliessen.
Was geschieht mit Assad?
Ein Fall für sich ist das Schicksal des syrischen Machthabers Assad im Rahmen eines Friedensabkommens. Die westlichen Staaten nähern sich zunehmend dem von Russland vorgeschlagenen Kompromiss an. Danach dürfe Assad gleichberechtigt mit den übrigen Konfliktparteien bis zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung und der Abhaltung freier Wahlen eine Rolle spielen. Dann müsse er aber verschwinden.
Ob dieses Szenario funktioniert, ist fraglich. Assad hat zwar viel Blut an seinen Händen, aber in den von schiitischen Alewiten bewohnten Küstengebieten im Norden des Landes gilt er als Beschützer gegen radikale Sunniten. Die Alewiten sind auch in der Hauptstadt Damaskus stark vertreten, weil sie sich dort im Laufe der Jahrzehnte ansiedelten.
2016 soll das Jahr einer Syrien-Lösung werden. Der Krieg kann nicht ewig weitergehen – darüber sind sich alle betroffenen Staaten einig. Aber wie lassen sich die gegensätzlichen Interessen ausgleichen? Nächstes Rendez-vous der „Internationalen Unterstützungsgruppe für Syrien“, der auch Saudi-Arabien, Iran und die Türkei angehören: Ende Dezember in New Yorker Uno-Hauptquartier.