Indianisch heisst das Feuchtgebiet an der Südspitze Floridas Pa-hay-okee, „im Gras verborgener Fluss“. Und ein Fliessgewässer ist es: als 160 km langer und bis zu 80 km breiter Strom kriechen die Everglades, mal knöcheltief, mal knietief, meerwärts.
Der Everglades Nationalpark liegt im Unterlauf und Mündungsgebiet dieses Stroms. Mit Grund würdigte die Unesco den Park 1979 als Weltnaturgut. Seine Biodiversität ist enorm: 850 Arten von Gefässpflanzen, 25 Arten einheimischer Säugetiere, über 20 Schlangen- und über 275 Fischarten, 300 Arten Vögel.
Nicht zu vergessen diverse Eindringlinge. Deren zwei geben seit den 70er Jahren zu reden. Der gefrässige Froschwels, aus einem Aquarium entwichen, verbreitete sich rasend schnell; auf seinen Brustflossen stolzierend überquerte er sogar festes Land. Sein Appetit auf andere Fische, Garnelen, Krabben. Flusskrebse, Kröten, Frösche und Schnecken stört das Gleichgewicht der Lebensgemeinschaft im Sumpf.
Der Wanderfisch, der auf die Strasse geht, hat seit etwa derselben Zeit nicht minder zerstörerische Verbündete: die Nachkommen eines südostasiatischen Tigerpythons, seinerseits ein Ausreissser aus einem Terrarium oder einer Zoohandlung, gefährden im Park akut den Bestand an Waschbären, Opossums und Luchsen. Aber keiner dieser Bioinvasoren bedroht das Ökosystem so nachhaltig wie der Mensch.
Die Unesco setzte die Everglades 1993 auf die rote Liste der gefährdeten Welterbestätten, und zeigte dem Park nach vorübergehender Auslistung 2010 erneut die rote Karte. Die ungezügelte Siedlungstätigkeit um Miami gräbt dem Park das Wasser ab, die Zuckerrohrplantagen und Rasenziegelfarmen an der Nordgrenze des Parks belasten das Wasser mit Phosphor und Pestiziden. Die Renaturierung dieses einzigartigen Ökosystems erfordert herkulische Kräfte und Finanzen. Es bleibt fraglich, ob die Politik, Staat und Bund, genügend Druck machen kann und will, um ein halbes Jahrhundert unheilvoller wasserbaulicher Eingriffe zurückzubuchstabieren. Jahr der Aufnahme: 1982. (Copyright Georg Gerster/Keystone)