Doch anstatt vor der eigenen Tür zu wischen und die Hausaufgaben zu machen, wird nun grossmundig verkündet, dass der bilaterale Weg mit der Schweiz an Grenzen gestossen sei, deshalb überdacht, neu definiert und angepasst werden müsse. Diese Strategie ist jedoch derart durchsichtig und unehrlich, dass selbst Befürworter eingestehen, die EU habe nur die Absicht die Schweiz als goldene Milchkuh zu missbrauchen, und dazu die einzigartige direkte Demokratie und die Volksrechte in diesem Land zu zerstören.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat in beeindruckender Art und Weise hervorgebracht und erhärtet, was vermutlich in der EU schon lange hinter vorgehaltener Hand diskutiert wurde. Nämlich die Tatsache, dass in einem direktdemokratisch regierten Land, in dem der Souverän (das Volk) das letzte Wort hat, die Anfälligkeit auf Krisen viel weniger gross ist. Warum wohl? Die Regierung und das Parlament sind bei ihrer Arbeit gehalten mehrheitsfähige Lösungen zu suchen, vorzuschlagen und umzusetzen. Allenfalls kann die Umsetzung erst nach einer Urnenabstimmung erfolgen. Verfassungsänderungen müssen den Stimmberechtigten zwingend unterbreitet werden. Eine verantwortungsvolle Politik der kleinen Schritte ist zwar weniger spektakulär, verhindert aber grössere Fehler, die allenfalls nicht mehr korrigiert werden können. Das Regierungssystem der Schweiz garantiert eine hohe Mitsprache des Volkes, Stabilität und Sicherheit. Diesem Erfolgsmodell muss auch in Zukunft Sorge getragen werden.
Die EU auf Schleuderkurs
Getragen von der Vision eines einzigen zentralistisch und diktatorisch regierten Staates in Europa sind in Brüssel über Jahre Entscheidungen getroffen worden, die mangels Solidarität unter den einzelnen Mitgliedsländern vielfach nach eigenem Gutdünken interpretiert und vielleicht umgesetzt wurden. Die Bevölkerung wurde bewusst nicht miteinbezogen. Wahrscheinlich wegen des schlechten Gewissens sind dann in einigen wenigen Staaten zur EU-Verfassung und nachher zum Vertrag von Lissabon Volksabstimmungen durchgeführt worden. Die Resultate zeigen deutlich, dass die Menschen in der EU grossmehrheitlich mit dem beschrittenen Weg nicht einverstanden sind und mehr Mitsprache wollen.
An den jeweiligen Sitzungen der Minister war und ist das gemeinsame Photo wichtigster Programmpunkt, um Einheit demonstrieren zu können. Damit sind die Gemeinsamkeiten aber bereits aufgelistet. - Mit der Einführung des Euro wurde die eigenstaatliche Währungsintervention in Krisensituationen ausser Kraft gesetzt. In der Wirtschafts- und Finanzkrise sind deshalb viele EU-Länder Gefangene der neuen Währung geworden. Sie können den Schutz ihrer eigenen Interessen nicht mehr wahrnehmen. Welche Herausforderung das für den Moloch in Brüssel darstellt erleben wir jetzt täglich. Gewaltige finanzielle Rettungsschirme sind praktisch aus dem Nichts installiert worden.
Der IWF, dessen Aufgabe es eigentlich ist den Entwicklungsländern, meistens den Aermsten der Armen unter die Arme zu greifen, wird nun herangezogen, um arg verschuldete EU-Mitgliedstaaten zu unterstützen und vor dem Staatsbankrott zu bewahren. Es ist noch nicht abzuschätzen welche Dimension das Rettungspaket erhält, wenn die Hilfe auch auf Italien und weitere Länder ausgeweitet werden muss. Dieser Schleuderkurs ist darauf zurückzuführen, dass über Jahre über die Verhältnisse gelebt, der Schuldenwirtschaft nie ernsthaft der Kampf angesagt wurde und die Menschen in den EU-Staaten nie in einen demokratischen Weiterentwicklungsprozess miteinbezogen waren.
Wer nun aber glaubt, die EU würde auf Grund dieser dramatischen Situation intern über die Bücher gehen, sieht sich in dieser Annahme schwer enttäuscht. Nicht etwa die eigenen Fehler, das eigene Unvermögen sollen korrigiert werden, sondern ein funktionierendes und erfolgreiches Land will man enger an sich binden, ja am liebsten direkt einverleiben. Es ist den EU-Strategen in Brüssel natürlich nicht entgangen, dass die Schweiz die wirtschaftlichen Turbulenzen der letzten Jahre gut überstanden hat, der Staatshaushalt schwarze Zahlen schreibt, Schulden abgebaut werden konnten und der Schweizer Franken für sichere Anlagen so begehrt ist wie noch selten. Darum ist die Absicht für eine engere und/oder andere Zusammenarbeit zum Thema geworden.
Die Schweiz hat keinen Grund, vom erfolgreichen Weg abzurücken
Weltweit werden dem demokratischen System und den Volksrechten der Schweiz hohe Anerkennung zuteil. Fortschrittliche Staaten übernehmen sogar unsere Verfassung und die Gesetze. Doch mit dem Miteinbezug der Bevölkerung in den politischen Prozess tun sich alle sehr schwer. Der „Machtverlust“ der „Classe politique“ ist für viele Politiker nicht zu verkraften. Der Bürger hat sich mit der Wahl der politischen Garde zu begnügen und muss nachher alles hinnehmen, was beschlossen wird.
Dabei zeigt die Schweiz in beeindruckender Art auf, dass die Politik vor dem Volk keine Angst haben muss. Vielmehr verhilft die Mitarbeit des Volkes zu vernünftigen und ausgewogenen Lösungen, zu stabilen Verhältnissen und zu einer vertrauenswürdigen Volkswirtschaft. Menschen schätzen Sicherheit persönlich, beruflich und finanziell. Sie sind darum auch bereit sich langfristig dort zu engagieren, wo das Risiko am kleinsten ist, aber die eigenen Bedürfnisse am besten abgedeckt werden. Es muss ein erstes Ziel sein und bleiben, dass der Staat finanziell nur das Notwendige fordert und dem Bürger, zusammen mit der Eigenverantwortung, möglichst viel zum Leben bleibt. Wichtig ist, dass dieses erfolgreiche Modell auch in Zukunft für unser Handeln im Zentrum steht. Denn damit haben wir keinen Grund von unserem erfolgreichen Weg abzurücken.
Eine erfolgreiche Aussenpolitik für die Schweiz muss auch darin bestehen, dass alles unternommen wird, um andere Länder davon zu überzeugen, wie wichtig der Einbezug des Volkes in die Entscheidungsfindung für eine prosperierende Zukunft ist. Das ist unser Aushängeschild und unsere Stärke. Dieser Leistungsausweis verlangt keinen und verbietet einen Kniefall vor der EU.