Gemäss einer Analyse der Versicherungswirtschaft stellt ein Erdbeben zwar ein seltenes „in den Auswirkungen aber eines der grössten Risiken im Bereich der Naturgefahren“ dar.
Trotzdem gibt es kaum ein Gebäude in der Schweiz, welches gegen diese Risiken versichert ist. Der Grund: die meisten Versicherungen bieten diesen Schutz gar nicht an. Es gibt keine gesamtschweizerische Erdbebenversicherung, welche durch die Risikoverteilung auf alle Hausbesitzer auch zahlbar wäre. Der Versuch eine entsprechende Versicherung einzuführen, scheiterte kläglich und liegt seit Mitte 2009 beim Bundesrat auf Eis . Das Gemeinschaftsprojekt zwischen der Privatassekuranz und den Kantonalen Gebäudeversicherungen hätte eine Versicherungsdeckung von 10 Mrd Franken pro Ereignis vorgesehen, bei maximal 2 Ereignissen pro Jahr für Ereignisse mit einer Intensität 7 oder höher.
Die Existenz einer solchen Versicherung könnte für lokal tätige Finanzinstitute bei einem Schadenfall überlebenswichtig sein. Denn wenn ein aussergewöhnlich starkes Erdbeben die Gebäude in einer Region zerstört, sind nicht nur viele der betroffenen Schuldner zahlungsunfähig, sondern die Absicherungen der Kredite nahezu wertlos. Die Häuser, welche als Sicherheiten dienen, sind dem Erdboden gleichgemacht.
Ein Beispiel: Die Luzerner Kantonalbank verfügte Ende 2010 über ein Eigenkapital von rund zwei Milliarden Franken. Die Hypothekarforderungen lagen bei über 17 Milliarden Franken. Allerdings, so Roger Müller von der Luzerner Kantonalbank, sei zu bedenken, „dass die Hypothekarschuldner noch andere Vermögenswerte haben – und häufig auch ein Arbeitseinkommen – und deshalb der Verlust des Gebäudes nicht zwingend heisst, dass die Schuldner zahlungsunfähig würden.“ Oder anders formuliert „Wenn jemand sein Haus verliert, heisst das nicht automatisch, dass er die Bankzinsen nicht mehr bezahlen kann."
Das ist grundsätzlich richtig, täuscht aber über die Tatsache hinweg, dass der politische Druck auf die Bank enorm gross würde, wenn tausende von Bürgern in Notunterkünften ihr allenfalls noch vorhandenes Einkommen oder Erspartes zur Tilgung von Schulden für nicht mehr existierende Bauten aufwenden müssten. Zudem müsste sich die Bank das Recht, auf andere Vermögenswerte zugreifen zu können, wohl in den meisten Fällen vor Gericht erstreiten. In der Zwischenzeit wäre sie längst zahlungsunfähig geworden.
Es würde deshalb im Interesse zumindest einiger lokal verankerter Banken liegen, mitzuhelfen, die verfahrene Situation um die eidgenössische Erdbebenversicherung zu deblockieren?
Anstatt das ganze Gebäude versichern zu müssen, könnten nur die Hypothekarschulden einem Obligatorium unterstellt werden. Dies würde den Prämienaufwand für die Hauseigentümer verringern und trotzdem regionale Kreditinstitute von einem existenzbedrohenden Risiko befreien.
*) Der Wirtschaftsjournalist arbeitete unter anderem als Leiter der Wirtschaftsredaktion von Schweizer Radio DRS, Stellvertretender Chefredaktor und Leiter der Wirtschaftsredaktion des Fernsehsenders S Plus, Redaktor beim Schweizer Fernsehen (Kassensturz) und bei der Wirtschaftszeitung Cash, sowie als Redaktionsleiter von Cash-TV.