Es wäre naheliegend, aber zu wiederholend, auf die UBS einzuprügeln, die möglicherweise auch in den nächsten grossen Skandal der Weltbanken verwickelt sein könnte. Pro Tag werden OTC (over the counter) rund 5000 Milliarden Dollar im Währungshandel ungesetzt. Zu Kursen, die auf Vertrauen beruhen. Auf einem Wildwest-Marktplatz, unreguliert, unkontrolliert, ein Spielplatz für Zocker.
Allerdings: Banker sind bekanntlich blöd. Offensichtlich haben sie auch hier dermassen jedes Mass verloren, dass ihre Manipulationen immer offensichtlicher wurden. Und nach 1,4 Milliarden Busse für die Beteiligung am Libor-Betrug, 885 Millionen Dollar Vergleichzahlung für Unsauberkeiten beim Verkauf von RMBS, ein Hypotheken-Derivat, will die UBS auch hier ihrer Abkürzung alle Ehre machen: UBS = Unablässig Bussen Sammeln.
Wo bleibt das Vertrauen?
Wer seiner Bank den Auftrag erteilt, eine kleinere oder grössere Geldsumme in eine andere Währung zu tauschen, weiss, dass sie sich dafür eine Gebühr abschneiden wird. Aber wer damit rechnen muss, dass die gleiche Bank im Eigenhandel den Auftrag des Kunden missbraucht, um gegen ihn zu wetten, zu zocken und sich damit ein Scheibchen Extraprofit für sich selbst abzuschneiden, der verliert nicht nur Geld, sondern auch das angeblich Wertvollste im Bankgeschäft: sein Vertrauen.
Spekulation, ob raffiniert oder blöd, legal oder illegal, basiert immer auf einem jedem Laien verständlichen Prinzip: Was einer gewinnt, verliert ein anderer. Denn mit Zocken werden keine neuen Werte hergestellt. Nur bestehende umverteilt. Das heisst in Bezug auf diesen neuen Skandal, dass Banken gegen ihre Kunden und auf deren Kosten spekuliert haben. Auf Kosten des KMU, das eine Rechnung in einer Fremdwährung bezahlen muss. Auf Kosten von uns allen, die via Anlagen von Pensionskassen auch an Währungstausch beteiligt sind.
Dein Feind, Deine Bank
Wer ein Problem mit dem Motor seines Autos hat, wendet sich an die nächste Garage. Im Vertrauen darauf, dass man dem mobilen Laien nicht einen neuen Motor aufschwatzt, wo es doch nur einen Satz Zündkerzen bräuchte. Das ist die Basis des Vertrauens, auf die sich jeder beziehen muss und kann, der fachmännische Hilfe bei einem Problem braucht. Auf einem Gebiet, wo er unkundig ist und der andere der Fachmann.
Genau gleich verhält es sich bei Geldgeschäften. Unabhängig davon, ob ich mit wenig oder mit viel Geld spekulieren will oder nur den Wert meines Spargroschens, meiner Altersversorgung erhalten. Ich wende mich an den Fachmann, den Banker. Ich gehe davon aus, dass seine Beratung, der Kaffee und der ganze Voodoo einer Besprechung für mich nicht gratis sind. Aber ich gehe gleichzeitig davon aus, dass ich nicht kaltlächelnd über den Tisch gezogen werde, dass der Banker aus meinem Unwissen und meinem Vertrauen keinen Profit schlägt. In meinem Sinn, in meinem Auftrag, in meinem Besten handelt. Ich ihn nicht als meinen Gegner, meinen Feind betrachten muss. Aber genauso verhält sich der moderne Banker. Und verspielt damit, aus kurzfristigem Profitinteresse, mittelfristig seine Existenzgrundlage: mein Vertrauen.
Dein Feind, Dein Staat
Man muss nicht mal sehr alt sein, um sich daran zu erinnern, dass eine Staatsanleihe, ein Schatzbrief, eine staatliche Obligation das Sicherste war, was es auf der Welt gab. Vielleicht nicht besonders lukrativ, aber bombensicher. Und auf jeden Fall verliere ich mein Geld nicht. Weder als Totalschaden, noch, indem es mir scheibchenweise durch Inflation enteignet wird. Vorbei, verspielt, verloren. Es gibt selbst in Europa Zwangsenteignung durch Schuldenschnitte, Milliardenverluste durch Inflation. Und noch viel schlimmer: «Die Rente ist sicher.» Das fundamentalste Versprechen, das ein Staat via sein Rentensystem abgeben kann. Die Renten der heute im Erwerbsleben und somit im Einzahlungsmodus Stehenden sind nicht sicher. Besser gesagt: Sicher ist nur, dass sie niemals erhalten werden, was ihnen versprochen wird. Es wurde bereits verröstet, verspielt, als Sicherheit für unbezahlbare Schulden ins Feuer gestellt.
Wer seiner Bank nicht mehr vertraut, kann die Bank wechseln. Es gibt nicht unendlich viel Optionen, aber es gibt Alternativen. Es gibt immer noch Banken, deren Namen nicht im Zusammenhang mit jedem Skandal, mit jedem Steuerstreit, mit jeder denkbaren Schweinerei auftauchen. Aber wer seinem Staat, zu recht, nicht mehr vertraut, welche Alternativen hat der?
Die Folgen
Geld kann man verzocken, verspielen, verrösten. Man kann das mit der ewigen Leier, dass es sich um Einzeltäter handle, man gelernt habe, von jetzt an kontrolliere, das nicht mehr vorkommen werde, zusossen. Genügend Kleinanleger lassen sich nach wie vor einwickeln, wechseln aus Bequemlichkeit oder aus Unkenntnis oder aus Abhängigkeit ihre Bank nicht. Aber was macht der Staatsbürger, wenn er genug Grund zur Erkenntnis hat, dass er seinem eigenen Staat nicht mehr vertrauen kann?
Er wird vom Staatsbürger zum Untertan und fügt sich in sein Schicksal, macht die Faust im Sack und schimpft auf die da oben. Oder er wird rebellisch, wählt wie in Österreich mit einem Stimmenanteil von 30 Prozent rechtspopulistische Parteien, um es höfliche auszudrücken. Oder die wahren Finnen, einen Clown wie Grilli, einen Clown wie Berlusconi, eine «Alternative für Deutschland». Oder er wählt überhaupt nicht mehr, wird ranzig und empfindet seinem eigenen Staat gegenüber das gleiche Misstrauen, mit dem er schon lange jedem Banker begegnet.
Wenn eine Bank das Vertrauen und somit ihre Existenzgrundlage verliert, dann geht sie unter. Fort mit Schaden, na und. Aber wenn der Staat als gesellschaftliche Ordnungsmacht, als übergeordnete Instanz mit Gewaltmonopol, Regierungsgewalt und Gesetzesmacht, ihre Legitimation verliert, was passiert dann? Schon diesen Herbst werden wir weitere Beispiele davon erleben, was dann passiert.