Sie bezeichnet sich als „lebenden Mythos“. Sie sei „die bis heute meist fotografierte Frau der Welt“. Tatsächlich: Sie war ein Weltstar wie kaum jemand. Nur wenige Männer träumten nicht von ihren Kurven et cetera. Das war vor 50, 60 Jahren.
Inzwischen sitzt die einst angebetete Ikone verbittert im Fegefeuer und versprüht Gift und Galle. Vor allem ihre rechtsextremen Sympathien stossen vielen auf. Und ihr furioser Kampf für den Schutz der Tiere nimmt teilweise perverse Züge an. Die französischen Medien spotten seit langem über BB, die einst „begehrteste und schönste Frau der Welt“.
„Aufruf zum Rassismus“
Jetzt legt Brigitte Bardot ihre dritten Memoiren vor *). Ziel der 83-Jährigen ist es, ihren angeschlagenen Ruf zu verbessern. Vieles klammert sie aus. Ihre kritisierten politischen Ansichten erwähnt sie nur am Rande. Erst in der Mitte des Buches kommt sie kurz darauf zu sprechen.
Am islamischen Opferfest, dem Aïd el-Kebir, erwürgen Muslime Millionen Schafe. Dagegen begann sie schon früh Sturm zu laufen. In der Tageszeitung „Présent“, dem Organ des rechtsextremen „Front national“ (FN), diffamierte sie die Muslime aufs Schändlichste. Das trug ihr eine Verurteilung wegen Aufrufs zum Rassismus ein. Insgesamt fünf Mal innert elf Jahren wurde sie wegen ähnlicher Delikte bestraft.
Marine Le Pen, die „Jeanne d’Arc des 21. Jahrhunderts“
„Im Zuge dieser Angriffe hat man mir die Etikette einer Anhängerin des Front national aufgeklebt“, schreibt sie jetzt. Zwar habe man ihr erklärt, „Présent“ sei rechtsextrem, doch „da ich nie Politik machte, wusste ich nicht einmal, was rechtsextrem ist“. Das klingt naiv.
Seither werde sie als Rassistin bezeichnet, doch sie habe niemanden zum Rassismus aufgerufen und „ich glaube nicht, den rassistischen Hass zu schüren“. Ihre Ausfälle gegen die Muslime erwähnt sie in ihren dritten Memoiren nicht. Ebenso wenig, dass sie in einem Interview mit dem Magazin „Paris Match“ Marine Le Pen als „Jeanne d’Arc des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet hat. 1999 sagte sie: „Ja, wir werden von Fremden überrannt.“ Und: „Ja, ich stimme mit vielen Ideen des Front national überein.“ Die muslimische Bevölkerung „zerstört unser Land, unsere Lebensweise und will uns ihre Lebensart aufzwingen“. Schon vor 20 Jahren hatte sie die rechtsextreme FN-Kandidatin Catherine Mégret in Vitrolles tatkräftig unterstützt. All das spricht sie jetzt nicht an.
Politisch „schwankend“
„Um das Fass voll zu machen“, schreibt sie, sei sie seit 25 Jahren mit Bernard d’Ormole verheiratet. Seine Rolle im Front national spielt sie herunter. Er sei „nie Le Pens persönlicher Berater“, noch „seine graue Eminenz“ gewesen. Viele Dokumente belegen das Gegenteil. Immer wieder verkehrt BB in rechtsextremen Kreisen. 2015 traf sie in Saint-Tropez mit Florian Philippot zusammen, dem damals wortgewaltigen Stellvertreter von Marine Le Pen.
Es stimme, dass sie politisch „schwankend“ sei. Sie habe die Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing, Mitterrand und Präsidentschaftskandidat Lionel Jospin unterstützt. Von Marine Le Pen fühle sie sich angesprochen, aber auch vom Linksaussen Jean-Luc Mélenchon“. Doch jetzt, so schreibt sie, „werde ich für niemanden mehr Partei ergreifen“.
Revolte für die Sache der Tiere
Da sie ihre rechtsextremen Eskapaden in ihren neuen Memoiren einfach unter den Teppich wischt, glaubt sie wohl, ihre Sympathien für die Rechtsextremen herunterspielen zu können. Damit verkauft sie die informierten Leserinnen und Leser für dumm.
Es ist durchaus anzunehmen, dass das jährliche Blutbad während des islamischen Aïd-el-Kebir dazu beigetragen hat, dass Bardot in den Rechtsextremismus abgerutscht ist. Aber eigentlich will sie in den neuen Memoiren nicht über Politik schreiben, sondern über ihre Revolte für die Sache der Tiere.
„Ich hätte lieber einen Hund als ein Kind geboren“
Sie gibt sich als einsam gewordene Frau, die zurückgezogen mit ihrem Mann und ihren Tieren in einem einstigen Fischerhaus in Saint-Tropez lebt. „La Madrague“ heisst das Anwesen. Sie hatte Brustkrebs und geht an Krücken. Sie erzählt, wie ihr kleiner Hund Fripouille Nacht für Nacht zwischen ihr und ihrem Mann schläft und wie sie am Morgen ihre 200 Tauben füttert. Und „wenn ich einem Hund in die Augen schaue, sehe ich das Antlitz Gottes“.
Solange die Menschen die Tiere als minderwertig betrachten, will sie „nicht zu dieser unverschämten, blutrünstigen, menschlichen Rasse gehören“, schreibt sie. „Ich denke nicht wie Menschen“, sagt sie, „ich denke wie Tiere“. Als sie ihren Sohn zur Welt brachte, erklärte sie: „Ich hätte lieber einen kleinen Hund als ein Kind geboren.“
Fanatismus
„Ich habe meine Jugend und meine Schönheit den Männern gegeben, jetzt gebe ich meine Weisheit und meine Erfahrung den Tieren.“ Brigitte Bardot gehört heute zu den fanatischsten Tierschützerinnen der Welt.
1987 eröffnete sie auf dem Markt von Saint-Tropez einen Stand. Dort verkaufte sie alle Wertgegenstände, die sie von ihren Liebhabern und Männern erhalten hatte: das Hochzeitskleid von Roger Vadim, ihrem ersten Mann, Schmuck, den sie von Gunter Sachs bekommen hatte, eine Gitarre, Möbel, Silberbesteck. Das Geld setzte sie für den Tierschutz ein. „Ich habe mich von allem getrennt, um mich den Tieren zu widmen.“
Vernünftige Ideen
Sie hatte durchaus Erfolg. Der Verkauf von Robbenfellen wurde in Europa eingeschränkt. Sie liess streunende Hunde in Serbien impfen und kastrieren. In Chile baute sie ein Tierspital, in Bulgarien einen Tierpark. Sie liess die Massaker in den Schlachthöfen filmen und schockierte die Welt. Im Departement Somme überfiel sie bei Nacht und Nebel einen Stall, und rettete 60 verhungernde Hunde, die sich selbst auffrassen. 2012 wurden zwei Zirkus-Elefanten „zum Tode verurteilt“, weil sie angeblich krank waren. Brigitte Bardot verlangte von Präsident Hollande, die Tiere zu begnadigen. Sollte er das nicht tun, drohte sie, würde sie wie Gérard Depardieu Frankreich verlassen und die russische Nationalität annehmen. Hollande rettete die Tiere.
Sie hat viele vernünftige Ideen. Beim islamischen Opferfest Aïd el-Kebir würgt man die Schafe und schneidet ihnen bei Bewusstsein die Kehle durch. So will es der Koran. „Die Tiere leiden, schreien und langsam läuft ihnen das Blut aus“, schreibt Bardot. Sie verlangt, dass die Schafe vor dem Töten mit einem Elektroschock betäubt werden, damit sie nicht leiden. Doch mit dieser Forderung kann sie sich bisher nicht durchsetzen.
„Globalisierter Sadismus“
Ihre Anhänger bezeichnen sie als die „Mutter Theresa der Tiere“ oder als „Passionara der Seehunde“. Nur bei Tieren finde sie Frieden. Eigentlich sei sie als Tier geboren, ihre Reaktionen seien „tierisch, nicht menschlich“. In ihrem Kampf ist sie derart besessen, dass sie sich schnell Feinde schuf: „Man hat mich lächerlich gemacht. Man wollte Brigitte Bardot als Sexbombe, aber nicht als Tierschützerin.“
So starrsinnig ihr Kampf gegen den „globalisierten Sadismus“, gegen Tierversuche, gegen die Jagd und die Massaker in den Schlachthöfen auch sein mag: man nimmt ihr ihre Nöte und Bedenken ab. Schon 1957 während Filmaufnahmen in Torremolinos nahm sie während eines Gewitters einen verängstigten Esel und einen Hund in ihrem Zimmer auf und schlief bei ihnen. Viel später warf ihr ein Journalist vor, sie schlachte das Leiden der Tiere aus, um ihren Ruf zu vergolden. Alles sei nur Eigenwerbung. Darauf antwortete sie: „Wenn es eine Person gibt, die keine Eigenwerbung braucht, dann bin ich es.“ Das stimmt wohl: An ihrem 80. Geburtstag hat sie 10’000 Glückwunsch-Briefe erhalten.
Verrannt
„Man liebt es, Tierschützer als Verrückte, Erleuchtete und Extremisten zu bezeichnen“, schreibt sie. Sie habe Todesdrohungen erhalten. „Das war mir egal, wenn ich sterbe, habe ich wenigstens bis zum Schluss für eine gerechte Sache gekämpft.“ Und: „Wenn man mir den Vorschlag macht: Gib dein Leben, und wir werden nie mehr Pferdefleisch essen und wilde Tiere töten – dann knie ich nieder und warte auf die Exekution.“
Wenn es das Ziel ihrer Memoiren war, ihr Image als blindwütige, dogmatische Tierschützerin zu korrigieren, so ging der Schuss daneben. Im Gegenteil. Sie hat sich in ihrer Mission derart verrannt, dass sie nicht mehr überall ernst genommen wird.
Den Leuten die Augen öffnen
Sie habe keine Macht. Das Einzige, was sie tun könne, sei aufzuschreien, zu denunzieren, Missstände anzuprangern, den Leuten die Augen zu öffnen. Und plötzlich ist sie hoffnungsvoll: „Die Leute beginnen, über die Missstände nachzudenken und nicht mehr blind zu konsumieren.“
Sie weiss, dass sie nicht mehr lange kämpfen kann. „La Madrague“ werde dann zum Wallfahrtsort. „Andere werden den Kampf fortführen.“ Sie selbst hat bereits den Ort ausgesucht, wo sie begraben sein wird. „Neben meinem kleinen Tierfriedhof in Saint-Tropez.“
*) Brigitte Bardot: „Larmes de combat“ (mit Anne-Cécile Huperelle), Éditions Plon, Paris, 2018 (auf französisch), auch als E-Book