Zum Start des Fachbereichs „Gender Studies“ lud das Asien-Orient-Institut am 26. Oktober zu einer Feier im Institutsgebäude der alten Kantonsschule an der Rämistrasse 59 ein. In der voll besetzten Aula wurde der Fachbereich vorgestellt.
Im Fokus stand weniger die lange Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Bereichs „Geschlechterforschung“ an der Uni Zürich als die Gegenwart und die zukünftige Ausrichtung. Unter den Gästen waren viele, die sich seit Jahren für die Institutionalisierung der Gender-Thematik an der Uni einsetzen, aber auch Studierende aus dem aktuellen Master- und Doktoratsprogramm.
Annäherung an andere Sichtweisen
Direkt sichtbar wurde das Thema in der begleitenden Ausstellung. Die Doktorandin Zeynep Pamuk und Prof. Dr. Susanne Lanwerd der FU Berlin wählten für ihre „ästhetische Intervention“ 26 Bilder von künstlerischen Arbeiten aus zu „Gender, Repräsentation und Islam“. Die Bilder erzählen Geschichten und eröffnen Räume für Assoziationen und Diversität. Der Versuch einer Annäherung an die faszinierenden Werke konfrontiert uns mit einer überwältigenden Vielfalt, der nicht mit raschen Urteilen und einer Einordnung in vertraute Kategorien begegnet werden kann. Die sehenswerte Ausstellung wird bis zum 18. November in der Bibliothek des AOI gezeigt.
Ein langer Weg mit vielen Hürden
Gender Studies ist einer der jüngsten Fachbereiche an der Universität Zürich, allerdings mit einer langen Entstehungsgeschichte. 1992 wurde von der Gleichstellungskommission der Universität Zürich erstmals ein kommentiertes Vorlesungsverzeichnis „alma mater“ herausgegeben mit einer Zusammenstellung der Veranstaltungen zu Frauen- und Geschlechterthemen.
Die Idee eines interdisziplinären Forschungszentrums für Gender Studies entstand 1997 an einem Hearing „Frauen und Geschlechterforschung (Gender Studies) in Zürich und der Schweiz – Bestandesaufnahme und Zukunftsperspektive“, organisiert von Prof. Dr. Margit Osterloh (Institut für betriebswirtschaftliche Forschung). 1998 wurde das fakultätsübergreifende Kompetenzzentrum Gender Studies an der Uni Zürich gegründet. Die akademische Leitung bestand aus 18 Vertreterinnen und Vertretern verschiedener akademischer Disziplinen und Ebenen.
Das Zentrum organisierte Veranstaltungen und gab Publikationen heraus. Es war national und international vernetzt. 1999 fand das erste Graduiertenkolleg statt, das ab 2002 im Rahmen eines gesamtschweizerischen Projekts geführt wurde. 2002 wurden zum ersten Mal auf Bundesebene Gelder zur Förderung der Gender Studies vorgesehen. Prof. Dr. Therese Steffen (Englisches Seminar) leitete das Graduiertenkolleg/Doktoratsprogramm Gender Studies von 2002-2015. Der interdisziplinäre Austausch erwies sich als äusserst produktiv und anregend. Gespräche zur Einrichtung einer Professur für Gender Studies an der Uni Zürich begannen 2004.
Gegenwart und Zukunft
Der Fachbereich Gender Studies ist jetzt im 2013 gegründeten Asien-Orient-Institut integriert und führt ein interdisziplinäres Masterprogramm, ein Doktoratsprogramm sowie zahlreiche Forschungsarbeiten in den verschiedensten Disziplinen. Lehrstuhlinhaberin für Gender Studies und Islamwissenschaft ist seit 2009 Prof. Dr. Bettina Dennerlein. Das wissenschaftliche Profil des Lehrstuhls umfasst drei Arbeitsschwerpunkte: Geschlecht – Kultur – Differenz; ReConstructing Sex; Religion und Politik.
Die Integration der Gender Studies im Asien-Orient-Institut, die auf den ersten Blick etwas „exotisch“ anmutet, bietet zukunftsweisende Perspektiven und kann eigentlich als Glücksfall gelten: Die Aktualität und Dringlichkeit von Debatten über Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion sind in unserer gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Situation so hoch wie kaum je zuvor. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit andern Sichtweisen, Werten und Erlebniswelten ist die Basis für ein Zusammenleben in unserer globalisierten – und zurzeit sehr verunsicherten – Welt. Dazu können die Gender Studies einen nicht zu unterschätzenden Beitrag leisten.