Nach dem Nobelpreis für Ökonomie 1998 und zahlreichen weiteren Ehrungen erhält Sen nun auch den renommierten Friedenspreis. International bekannt wurde er mit seinen Studien zur Wohlfahrtsökonomie und wirtschaftlichen Entwicklung.
In der Studie «Collective Choice & Social Welfare» von 1970 zeigte Sen auf, dass Hungersnöte durch gesellschaftliche und politische Bedingungen hervorgerufen werden. «Hunger ist von Menschen gemacht», so seine Formulierung.
Auf Vorarbeiten von Sen und anderen beruht der Human Development Index (HDI), den das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen seit 1990 regelmässig herausgibt. Der HDI misst den Wohlstand von Staaten nicht einseitig an wirtschaftlichen, sondern auch an sozialen und kulturellen Kennzahlen.
Grossen Einfluss hat Sen auch mit seinen gesellschafts- und kulturkritischen Schriften. 2006 erschien «Identity and Violence: The Illusion of Destiny» (deutsch «Die Identitätsfalle. Warum es keinen Krieg der Kulturen gibt»). Wie der deutsche Untertitel zeigt, bezieht er darin eine klare Gegenposition zu Samuel Huntingtons «Clash of Civilizations». Sen wendet sich gegen ein starres Konzept von unentrinnbaren religiös-kulturellen Identitäten und insistiert darauf, dass jedes Individuum in einer Vielzahl von wechselnden Bezügen lebt.
Sen meint dazu: «Die Freiheit der Wahl gibt uns die Möglichkeit zu entscheiden, was wir tun sollten, aber damit zugleich auch die Verantwortung für das, was wir tun – soweit unsere Handlungen frei gewählt sind.»
Den Friedenspreis vergibt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels seit 1950. Die Auszeichnung findet traditionell in der Paulskirche zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse statt, in diesem Jahr am 18. Oktober. Er ist mit 25’000 Euro dotiert und wird an eine Persönlichkeit verliehen, «die in hervorragendem Masse vornehmlich durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen hat».
(J21/Agenturen/UM)