Die immer hellere Beleuchtung der Welt hat Folgen, vor der Fachleute seit Jahrzehnten warnen. Die Beeinträchtigung der Arbeit der Astronomen ist nur eine davon: Ihre Beobachtungen werden erschwert. Auch die Tierwelt leidet und nicht zuletzt der Mensch. Was hindert am Umsteuern?
Auf den ersten Blick scheint das Thema der Beleuchtung unter ökologischen Gesichtspunkten weitgehend gelöst. Die Industrie stellt energiesparende Leuchtkörper zur Verfügung, und die Politik sorgt mit Verboten und Verordnungen dafür, dass die Bürger bloss nicht auf die Idee kommen, ihre alten Stromfresser weiter zu betreiben. Auf den zweiten Blick aber gibt es eine Irritation: Moderne Energiesparlampen und LEDs ersetzen nicht bloss die bisher verwendeten Glühbirnen, sondern sie haben einen ausgesprochenen Hang zur Vermehrung. Die Beleuchtungen werden üppiger.
Dazu kommt eine zweite Beobachtung: Tagsüber brennen diese Lampen auch dort, wo es gar nichts zu beleuchten gibt. Sie dienen schlicht und einfach der Dekoration insbesondere in öffentlich zugänglichen Räumen wie etwa in Hotels. Damit werden die Energiespareffekte deutlich verringert. Und insgesamt hat der Trend zu immer mehr und immer hellerer Beleuchtung von Gebäuden, Strassen und öffentlichen Plätzen fatale Folgen:
Weil es nachts auch weit abseits der Städte nicht mehr richtig dunkel wird, werden nachtaktive Tiere, die von den wirbellosen Arten immerhin 30 Prozent und von den Wirbeltieren 60 Prozent des Bestandes ausmachen, in ihrem Verhalten beeinträchtigt. Zugvögel werden in ihrer Orientierung gestört. Und die biologischen Rhythmen der Menschen können durcheinander geraten, was wiederum zu Erkrankungen bis hin zu Krebs führen kann. Neue medizinische Forschungen warten mit alarmierenden Befunden auf.
Und die Energiebilanz ist verheerend. «Auf die Aussenbeleuchtung in den Städten allein entfallen 19 Prozent des globalen Energieverbrauchs», meldet das «Instituto de Astrofísica de Canarias» in Spanien. «Die dafür erzeugte Energie ist für knapp 1,5 Milliarden Tonnen CO2 verantwortlich, das sind 18 Prozent der Gesamtemissionen Chinas.» Auch andere Institute und Forschungsgruppen warten mit signifikanten Daten auf.
Beim Thema des ökologischen Umsteuerns spielt das Licht eine Sonderrolle. Denn anders als bei der Mobilität, dem Heizen oder der Erzeugung industrieller Güter haben Einsparungen keine Rückstosseffekte mit komplexen Folgen, die zum Teil kontraproduktiv sein können. Umstellungen von Antriebsarten oder von Energieträgern greifen tief in wirtschaftliche, staatliche und rechtliche Systeme ein.
Licht aber lässt ich abschalten. Dort, wo es subjektiven und objektiven Sicherheitsbedürfnissen wie auf Strassen und Plätzen dient, mag man es nutzen, aber dieser Bereich macht nur einen verschwindend kleinen Teil der gesamten Lichtemissionen aus. Warum fällt es so schwer, wirklich umzusteuern? Die erste Antwort ist einfach: Mit Licht verbinden sich Vorstellungen von Luxus und Pracht. Es ist nicht leicht, darauf zu verzichten. Trotzdem haben Frankreich, Südkorea und Grossbritannien erste Schritte dazu unternommen, indem sie für Aussenbeleuchtungen maximale Beleuchtungsstärken vorgegeben und Abschaltungen zu Nachtzeiten verfügt haben. Auch lässt sich durch Änderungen der Lampenkonstruktionen dafür sorgen, dass weit weniger Licht in Richtung Weltraum abgestrahlt wird.
Ein sparsamerer Umgang mit Licht erfordert in erster Linie eine Umstellung lieb gewonnener Vorstellungen und Gewohnheiten. Mehr nicht. Damit ist er auch ein Gradmesser für die Ernsthaftigkeit, mit der unsere Gesellschaften und jeder Einzelne das unmittelbar Machbare in Angriff nehmen.