Sie erstreckt sich, fast ausschliesslich auf namibischem Staatsgebiet, entlang 1300 Kilometer Küste von Südangola bis zum Oranje Fluss an der Grenze zu Südafrika. Die knochentrockene Küstenwüste wartet mit zahlreichen Rekorden, Kuriositäten und Besonderheiten auf. Die Namib ist möglicherweise die älteste Wüste der Erde. Seit 80 Millionen Jahren verfrachten Wind und Wasser Material aus dem Inland an die Küste. Dort modellierten Winde in erdgeschichtlich jüngster Zeit die angeblich höchsten Sanddünen der Welt. Geomorphologen finden in der Namib auch besonders viele Sterndünen. Diese entstehen, wenn im Laufe des Jahrs der Wind immer wieder aus einer andern Richtung weht. Botanikern offeriert die Namib eine Delikatesse besonderer Art – die Welwitschia mirabilis. Sie wird bis zu zweitausend Jahre alt und treibt während ihres langen Lebens aus zwei Schlitzen des Stamms zwei Blätter wie Endlosformulare hervor. Darwin nannte die Welwitschia das „Schnabeltier der Pflanzenwelt“ und der österreichische Arzt und Forschungsreisende Friedrich Welwitsch, nach dem sie benannt ist, fiel vor der Wunderpflanze, auf die er 1859 in Südangola gestossen war, auf die Knie. Er traute sich eine Weile nicht, sie anzufassen – aus Furcht, sie würde sich in der flimmernden Wüste als Augentäuschung auflösen. Zu reden geben auch immer wieder die „Hexenringe“, die „Feenkreise“ auf Namibias weiten Steppenflächen, Hunderte mysteriöser, fast kreisrunder Kahlstellen im schütteren Grasbewuchs.
Der Hamburger Forscher Norbert Jürgens hat sie jetzt rechtzeitig geheimnislüsternen Phantasten entrissen. Sie sind nicht das Werk von Ausserirdischen, sondern von unterirdisch lebenden Sand-Termiten, die die Kahlstellen präparieren, damit allfälliger Regen den Boden befeuchtet, und nicht von Gräsern absorbiert wird. Für das Problem mangelnder Niederschläge, das A und O jeder Wüste, hat die Namib eine Patentlösung. Über dem kalten Benguela-Strom mit antarktischem Wasser kondensiert die von weither angewehte Luftfeuchtigkeit zu Nebel. Der Feuchtigkeitsgewinn aus Nebel übertrifft in der Namib jenen durch Regen, und er fällt erst noch regelmässig an.
Etwa alle zehn Tage des Monats vernebelt der Morgenwind die Wüste bis zu 80 Kilometer landeinwärts. Nebel stillt den Durst der Pflanzen, zum Teil umweglos. Die Welwitschia scheint befähigt, die Nebeltröpfchen auf ihren Blättern direkt zu verwerten. Von dem Morgennebel profitieren auch Käfer, Skorpione, Spinnen, ja sogar Eidechsen. Furore als Nebelschlucker machen zwei Schwarzkäfer der Gattung Onymacris aus der Familie der Tenebrionidae. An kalten Nebelmorgen erklettern sie den Kamm einer Sanddüne, drehen sich dort in den Wind, machen eine Art Kopfstand und trinken die von ihrem Rücken zum Mund rollenden Nebeltropfen. Diese Nebeltrinker sind die Stars der Namib.– Jahr des Flugbilds: 1980. (Copyright: Georg Gerster/Keystone)