Das Parlament hat der Initiative fast einstimmig einen Gegenvorschlag entgegengesetzt, der die Aktionärsrechte stärkt und Rechtssicherheit schafft.
Die Schweiz sieht wirtschaftlich schwierigeren Zeiten entgegen. Die Schuldenkrise der südlichen Euro-Länder, das schwache Wachstum in den USA und der starke Schweizer Franken stellt die Schweizer exportorientierte Wirtschaft vor grosse Herausforderungen. In diesem schwierigen Umfeld müssen wir uns ernsthaft die Frage stellen, ob wir freiwillig die Bedingungen für die börsenkotierten Unternehmungen verschlechtern wollen, indem wir sie in eine regulatorische Zwangsjacke stecken.
Die meisten unter uns haben sich in der Vergangenheit immer wieder über exorbitante Bezüge von einigen wenigen Managern geärgert. Aus meiner Sicht liegt es jedoch nicht am Staat, sondern primär an den Organen und Aktionären einer Gesellschaft, die Vergütungen des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung in ein nachvollziehbares Verhältnis mit der erbrachten Leistung und der erreichten Performance zu bringen. Damit die Aktionäre ihre Mitspracherechte und Kontrollfunktion besser wahrnehmen können, brauchen sie mehr Rechte. Diese werden ihnen mit dem indirekten Gegenvorschlag gewährt, den das Parlament ausgearbeitet hat und der von National- und Ständerat beinahe einstimmig angenommen wurde.
Die Minder-Initiative fordert in 24 detaillierten Forderungen ein enges regulatorisches Korsett für börsenkotierte Unternehmungen. Dabei geht es nicht nur um neue Aktionärsrechte, sondern auch um neue Verbote und Zwänge, die die Organisationsfreiheit der Unternehmen massiv einschränken und in der Praxis kaum umsetzbar sind. Aus folgenden Gründen ist der Gegenvorschlag konsistenter und effektiver als die Volksinitiative:
Transparenz und Mitbestimmung
Der Gegenvorschlag überlässt es den Aktionären, ob sie zwingend oder konsultativ über die Vergütungen der Geschäftsleitung abstimmen wollen – dies im Sinne der Organisationsfreiheit. Zudem sieht der Gegenvorschlag ein Vergütungsreglement und einen Vergütungsbericht vor, der von der Generalversammlung genehmigt werden muss. Dies schafft Transparenz und Rechtssicherheit.
Kein Eingriff in die Berufsfreiheit
Das von der Initiative geforderte Verbot für Organe, mehrere Verträge mit derselben Firma abzuschliessen greift massiv in die Berufs- und Unternehmensfreiheit ein. Das Verbot ist zudem realitätsfremd und nicht praxistauglich in international tätigen Unternehmungen.
Keine Stimmpflicht für Pensionskassen
Die Forderung der Initiative, dass Pensionskassen zwingend ihre Aktionärsrechte im Interesse ihrer Versicherten ausüben müssen, besteht den Praxistest ebenfalls nicht. Versicherte haben vielfältige Interessen, die sich nur mit einem immensen bürokratischen Aufwand evaluieren liessen. Dies wiederum würde sich in den Verwaltungskosten der Pensionskassen niederschlagen, was nicht im Interesse der Versicherten und Rentner sein kann.
Keine Kriminalisierung im Aktienrecht
Im Gegensatz zum Gegenvorschlag enthält die Initiative eine Strafnorm mit Androhung von Gefängnis, die nicht ins Privatrecht gehört. Es darf nicht sein, dass Führungskräfte ständig mit einem Fuss halb im Gefängnis stehen und deshalb nicht mehr bereit sind Verantwortung zu übernehmen und Risiken einzugehen.
Aus all diesen Gründen ist der Gegenvorschlag zur Minder-Initiative die richtige Antwort auf die Übertreibung einiger weniger, nicht aber die Initiative selber. Die Initiative schadet der Schweiz als erfolgreichem und international ausgerichtetem Wirtschaftsstandort massiv und könnte einen herben Verlust von Arbeitsplätzen bedeuten.
Wenn es ohnehin wirtschaftlich schwieriger wird, müssen wir uns nicht noch selber das Leben freiwillig und unnötig schwer machen. Deshalb ist die Initiative klar abzulehnen.
Ein NEIN zur Initiative bedeutet auch ein JA zum Gegenvorschlag, der nach Ablauf der Referendumsfrist vom Bundesrat in Kraft gesetzt wird. Nachdem sich alle im Parlament vertretenen politischen Parteien zum Gegenvorschlag bekannt haben, wird niemand von ihnen sowie von den betroffenen Unternehmen glaubwürdig ein Referendum ergreifen können. Die Verschwörungstheorie vom Initiativkomitee greift definitiv zu kurz.