Man spricht nun von einem politischen "Erdbeben", aber der Einfluss des Senats ist nicht so gross. Die Rechte findet sich trotzdem in einem Jammertal. Es war halb absehbar, halb unwahrscheinlich.
Noch nie hatte die Linke - der PS (Parti socialiste) mit den Grünen, Kommunisten, Radikalen - seit 1958 Senatswahlen gewonnen. Aber seit 2004 hatte die Rechte alle Wahlen - Gemeinde-, Kantonal- und Regionalwahlen verloren. Da der Senat indirekt durch die "Grossen Wahlmänner" gewählt wird, die vornehmlich Vertreter der Gemeinden (Gemeinderäte) sind, gingen der Rechten dadurch zahlreiche Stimmen verloren, die aus dem Senat bisher eine traditionel auffällig konservative Kammer gemacht hatten.
So wurde am Sonntag möglich, was lange Zeit als undenkbar gegolten hatte. Mit nur zwei Stimmen Vorsprung auf die absolute Mehrheit kam die Linke auf 177 Sitze, während die Regierungspartei UMP (Union pour la majorité présidentielle) nur noch 124 behalten konnte, aber noch auf einige Zentristen zählen kann. Als Sarkozy 2007 zum Präsidenten gewählt wurde, hatte die Rechte 203 und die Linke 128 Sitze (von insgesamt 343) im Senat.
Unschöne Trotzreaktion
Der bisherige Senatspräsident Gérard Larcher (UMP) stemmt sich aber gegen diese Niederlage. Er will Stimmen abwerben, um am kommenden Samstag zweiter Mann im Staat zu bleiben. Diese unschöne Operation zeigt, wie schlecht die Rechte den Verlust "ihrer" Kammer verkraftet. Die Folgen sind an und für sich nicht so schlimm. Der Senat kann die Gesetzgebung hinauszögern, aber nicht verhindern, da stets die Abgeordnetenkammer das letzte Wort hat.
Linke Regierungen haben in den achtziger Jahren auch gegen den Senat regieren müssen und können. Der linke Favorit für den Präsidentenstuhl, der bisherige sozialistische Fraktionsvorsitzende Jean-Pierre Bel, hat bereits einen Obstruktionskurs ausgeschlossen. Aber die Sozialisten wollen ihr neu gewonnenes Gewicht im Senat und in der Öffentlichkeit einbringen. Einige Gesetzesvorlagen wie etwa die "Goldene Regel" für ein ausgeglichenes Budget, die Sarkozy in der Verfassung verankern wollte (nachdem er selbst das Defizit aufgeblasen hatte) haben keine Chance mehr, aber die Budgetvorlage selbst und die Sanierung der Sozialversicherung werden vom PS nicht boykottiert.
Isolation Sarkozys
Der Verlust tut der Rechten deshalb vor allem symoblisch weh, umsomehr als er auch auf die Präsidentenwahlen abfärben könnte. Sarkozy wird aus den eigenen Reihen vorgeworfen, den Senat und die Belange der Gebietskörperschaften, die er vertritt, vernachlässigt zu haben. Sarkozy hat mit Premierminister Fillon auch bereits designierten Anwärtern eigene Leute auf den Wahllisten vor die Nase gesetzt, von denen einige aber verloren. Das weist nicht auf eine geschickte Personalführung, aber auf verstärkte Spaltungstendenzen in der UMP und führte zu einer zunehmenden Isolierung Sarkozys an der Macht. Die Frage, ob er überhaupt noch der geeignete Kandidat sei, wird aber öffentlich nicht gestellt, allenfalls hinter vorgehaltener Hand. Ein Sprengkandidat ist bisher nicht in Sicht.
Direkte Schlüsse von den Senats- auf die Präsidentenwahlen lassen sich aber nicht ziehen, da die beiden Wahlsysteme - das eine indirekt, das andere plebiszitär - sich stark unterscheiden. Dass aber die Attraktivität der UMP in den ländlichen Regionen und in Paris gelitten hat, ist unbestreitbar. Dazu kommen die Skandale, die immer grösseres Ausmass annehmen und das Vertrauen in die UMP-Politiker unterminieren. In der UMP ist selbst von einem "ungesunden Klima" die Rede.
Gefährliches Monopol
Sollte die Linke 2012 auch die Präsidenten- und Parlamentswahlen gewinnen, würde sich ein anderes Problem stellen. Sie würde dann über unangefochtene Mehrheiten in beiden Kammern verfügen und damit über ein Monopol der Macht, wie es bisher nur die Rechte gekannt hat (der Senat hat seinerzeit aber auch gegen de Gaulle opponiert) - mit den Folgen einer immer mehr personalisierten Herrschaft, wie sie Sarkozy anstrebt und die zu immer schärferen Kontrollen des öffentlichen Lebens und - mit Personalentscheidungen - in der Wirtschaft führt. Sarkozy hat übertrieben und wird vielleicht den Preis dafür zahlen. - Das sollte die Linke nicht vergessen.