Viele denken „es“, aber nur wenige geben es zu. Und wenn, dann meist mit dem Zusatz: „Ich hab’ ja im Prinzip nichts dagegen, aber…“
Im Falle des Antisemitismus ist diese Argumentationsweise hinlänglich bekannt. Im Falle der frisch geschürten Schwulenfeindlichkeit in Putins Russland und anderen (nicht nur osteuropäischen) Staaten lebt sie gerade wieder auf. Fragwürdig ist sie allemal. Denn wenn es hart auf hart geht, wiegt das Aber meist schwerer als das Prinzip.
Das machen Diskussionen auch hierzulande deutlich, wenn es um Homo-Ehe und Adoptionsrechte für Schwule geht. Das beweist aber vor allem die schwulenfeindliche Gesetzgebung in Russland, die die Propagierung homosexueller Lebensweise unter Strafe stellt. Und das zeigen nicht zuletzt auch die zu Unrecht hochgejubelten Äusserungen des Papstes, der doch nur aussprach, was in der katholischen Kirche längst gängige Meinung ist: dass wenn schon nicht der einzelne Schwule, so doch umso entschiedener die homosexuelle Lebensweise zu verurteilen sei.
Das Eine ist ein Rückschritt, das Andere kein Fortschritt, und in beiden Fällen gilt: Die Einstellung gegenüber Homosexualität stellt – ähnlich wie diejenige gegenüber Antisemitismus – eine eigentliche Lakmus-Probe der Demokratie dar. Entsprechend scharf ist Homophobie im Auge zu behalten und, wenn nötig, mittels Protest oder Boykott zu bekämpfen. (Klara Obermüller)