Gleichgesinnte raufen sich zusammen und mauern sich ein. Wer nicht ihrer Meinung ist, wird von ihnen nicht mehr zur Kenntnis genommen. Oder sie überschütten ihn mit Hass und suhlen sich in Verschwörungstheorien.
Als ob die Gesellschaft aus aneinandergereihten Käseglocken bestünde. Unter jeder Glocke befinden sich Gleichgesinnte, die überzeugt sind, recht zu haben und die eigentliche „Wahrheit“ vertreten. Sie konsumieren die gleichen Medien; man ist unter sich, feiert und indoktriniert sich. Fakten, die ihnen nicht in den Kram passen, lassen sie am Glas der Käseglocke abprallen.
Die Bereitschaft, sich zusammenzuraufen, auf die Argumente der andern einzugehen, nimmt dramatisch ab. Das wird dann deutlich, wenn Einzelne aus den einzelnen Käseglocken hervorkriechen und miteinander debattieren. Zum Beispiel am Fernsehen oder auf einem Podium.
Einst nahm man sich die Mühe, die Argumente der andern zu zerpflücken. Das ist vorbei. Man will die Argumente der andern gar nicht hören. Man ignoriert sie. Man wartet nur auf seinen Einsatz. Dann legt man los und spult seine Sichtweise ab. Was die andern gesagt haben, was kümmert’s mich. Statt eines Dialogs erleben wir ein Aneinanderreihen sattsam bekannter Ansichten.
Deshalb sind Diskussionen immer unproduktiver. Man spricht aneinander vorbei. CVP-Präsident Gerhart Pfister schrieb kürzlich, man debattiere nicht mehr, um eine gute Lösung zu finden. Selbst in Kommissionssitzungen würden einfach Parteiparolen deklamiert. „Die Parlamentarier lassen sich immer weniger auf eine gute Debatte ein.“
Deshalb auch sind viele politische Diskussionen am Fernsehen so unsäglich langweilig und vorhersehbar. Die Teilnehmer wollen nur eins: ihre vorbereiteten populistischen Phrasen platzieren – welcher Couleur die auch immer sind. Auf die Fragen der Moderatoren antwortet man längst nicht mehr: Man sagt, was man will, Frage hin oder her. Ganz nach dem Motto: Was die andern fragen, denken oder sagen, ist mir doch egal.