Die "Huffington Post", die im Februar 2011 für über 300 Millionen Dollar vom AOL-Konzern aufgekauft worden war, begann ihre Erfolgsgeschichte 2005 in den Vereinigten Staaten, wo sie von der griechisch-amerikanischen Geschäftsfrau und Medienpolitikerin Arianna Huffington lanciert wurde. Arianna Huffington war 2003 in den Gouverneurswahlen von Kalifornien erfolglos gegen Arnold Schwarzenegger angetreten. Ihr neues Medium steht den Demokraten nahe, versteht sich aber als unabhängig und vertritt eine liberale bis linksliberale Richtung.
Einheimische Prominenz
Das erklärt die Partnerschaften in Europa mit "Le Monde" in Frankreich und, wie bereits geplant, mit "El Pais" in Spanien. Bisher existieren selbständige Ausgaben in Grossbritannien und Kanada ohne Partnerschaft. Weitere Ausdehnungen sind im Gespräch, so in Italien mit "L'Espresso", in Griechenland, in der Türkei und auch in Deutschland, wo der Partner aber noch nicht feststeht. Auch in Brasilien ist eine Ausgabe geplant. Die "Huffington Post" macht damit Ernst mit dem globalen Charakter der Internet-Medien, gibt sich aber gleichzeitig jeweils eine lokale und nationale Basis mit der Anlehnung an ein bestehendes bedeutendes Medienunternehmen.
Damit sichert man sich bei geringerem Aufwand und damit weniger Kosten den nicht immer leichten Zugang zur einheimischen Prominenz für die Mitarbeit. Denn die Formel der "Huffington Post" besteht darin, interessante und auch unterhaltende News aufzubereiten und mit Kommentaren und Blogs bekannter Persönlichkeiten und Journalisten zu mischen.
Anne Sinclair als Chefredaktorin
Für die französische Ausgabe wurde die bekannte TV-Starjournalistin Anne Sinclair als Chefredaktorin mit ihrem Adressbuch engagiert. Anne Sinclair hatte sich aus dem aktiven Journalismus zurückgezogen, als ihr neuer Ehemann, Dominique Strauss-Kahn, Direktor des Internationalen Währungsfonds in Washington wurde. Aber wegen dessen New Yorker Sexskandals, der ihm den Direktorposten kostete, blieb sie ungewollt im Rampenlicht. Sie versichert nun, dass ihr Privat- und Eheleben keinen Einfluss auf die Redaktionspolitik haben werde. Aber beim "Le Monde" schien dies einige Journalisten aus Sorge um den Ruf der eigenen Zeitung sichtlich zu stören.
Keine Honorare
Die Redaktion besteht aus acht jungen Journalisten und Journalistinnen, die entlöhnt werden. Anne Sinclair soll ein Erfolgshonorar bekommen, keinen festen Lohn. Die Kommentatoren und Bloggers der "Huffington Post" arbeiten dagegen überall ohne Honorare, obwohl diese in den USA 2011 einen Gewinn von 10 Millionen Dollar erwirtschaftet hatte. Dies ist unter den "pure players" - reine Online-Medien ohne Print- oder TV-Anhang - eine Rarität. In Frankreich kann nur "Mediapart" unter den fünf grösseren "pure players" einen bescheidenen Gewinn aufzeigen, weil er Abonnementsgebühren verlangt.
Die französische "HuffPost" soll innert zwei Jahren rentabel werden. Die Einnahmen sollen aus der Werbung und dem Sponsoring kommen. Grosse Firmen wie Orange und L'Oréal haben bereits ein solches Sponsoring zugesagt.
Panoptikum
Das bedeutet, dass sich der Überlebenskampf unter den französischen Medien noch etwas weiter verschärfen wird. Die Online-Ausgaben der bekannten Zeitungen liefern sich eine unerbittliche Schlacht um mehr Klicks. Ihre monatlichen Besucherzahlen liegen relativ hoch zwischen 5 und knapp über 7 Millionen. Der erste "pure player", "Rue89", kommt auf 1,8 Millionen Klicks, kann nach seinem Zusammengehen mit dem " Nouvel Observateur" aber nicht mehr als reiner "pure player" betrachtet werden. Zum Vergleich: die "Huffington Post" hat in den USA im Monat 37 Millionen Besucher und damit die "New York Times" mit 31 Millionen deutlich überholt. Dies war für AOL das Zeichen zum Aufkauf gewesen.
Die "HuffPost" muss gegen eine grosse Konkurrenz antreten. Sie tut dies mit grosser Selbstsicherheit und überrascht einmal mit einem Kommentar des früheren Justizministers Robert Badinter zum Armenier-Genozid, dessen Leugnung zum Ärger der Türkei unter Strafe gestellt werden soll, einmal mit einer Stellungnahme des früheren Fussballnationalmannschafts-Trainers Domenech. Sie hat mindestens fünf neue Blogs jeden Tag, wechselt zweimal den "Lead" und bietet ein bebildertes nervöses Panoptikum verschiedenster Nachrichten, wobei die Hierarchie nicht immer klar zu erkennen ist und es für den eiligen Leser an Gliederung fehlt. Allerdings wird versucht, mit Kapiteln wie "Präsidentschaftswahlen 2012", "Wirtschaft", "International", "Kultur", "Digitales Leben", "Tendenzen" eine gewisse Übersichtlichkeit darzustellen. Man kann der "HuffPost" jedenfalls nicht vorwerfen, sie biete zu wenig.