Wer während des Hochsommers in einem Büro in Washington DC arbeitet, zieht sich besser warm an. Je heisser es draussen wird, desto eher neigen amerikanische Klimaanlagen dazu, eisig aus den Ritzen zu blasen und unzeitgemäss zu unterkühlen. Meist lässt sich im Büro die Stärke der Air Conditioning nicht individuell einstellen, denn die wird von der männlichen Hautechnik fürsorglich fürs ganze Gebäude festgelegt.
Vorbild der Techniker scheinen arktische Verhältnisse zu sein – minus Eisbären, Eisberge und Permafrost. Selbst die staatstragende „Washington Post“ fühlt sich zur Abwechslung bemüssigt, für einmal die Rolle Donald Trumps im Präsidentschaftswahlkampf oder die Folgen des Atomabkommens der USA mit dem Iran ausser Acht zu lassen und sich des Themas Klimaanlagen anzunehmen – in Form einer, wie das Blatt einräumt, unwissenschaftlichen Strassenumfrage. Deren Fazit: Frauen frieren elendiglich in ihren unterkühlten Büros, während Männer zumindest vorgeben, sich von tieferen Temperaturen nicht beeindrucken zu lassen.
"Sexistische Verschwörung"
Offensichtlich gebe es, folgert eine Kolumnistin der „Post“, einen Geschlechtergraben in Sachen Thermostat. Auf der einen Seite die Frauen, die sich der schwülen Jahreszeit entsprechend leicht kleiden würden. Auf der andern Seite die Männer in ihren Anzügen, die sich im Büro dem feuchtheissen Klima draussen nicht anpassen wollten: „Das schleckt, Freunde, keine Geis weg. Klimaanlagen sind eine weitere grosse sexistische Verschwörung.“
Wie immer in solchen Fällen unterlässt es die Zeitung nicht, ihre These wissenschaftlich zu untermauern, und zwar in Person von Professor Alan Hedge vom Labor für menschliche Faktoren und Ergonomie an der Cornell University in Ithaca (New York). Dem Forscher zufolge machen unterkühlte Mitarbeiter in Büros mehr Fehler und arbeiten weniger produktiv.
Die einmonatige Studio eines Versicherungsbüros zeigte, dass die Zahl der Tippfehler um 44 Prozent sank und die Produktivität um 150 Prozent stieg, wenn die Raumtemperatur um fünf Grad angehoben wurde. Derweil liessen sich dem US-Energieministerium zufolge die Heizkosten um 11 Prozent senken, falls der Thermostat statt auf 22 auf 25 Grad eingestellt wird. All diese schönen wissenschaftlichen Erkenntnisse sind ganz im Sinne Friedrich Nietzsches: „ Wer seine Gedanken nicht aufs Eis zu legen versteht, soll sich nicht in die Hitze des Streits begeben.“