Vertreter Ägyptens, Katars und der Vereinten Nationen bemühen sich seit dem Wochenende um eine Beilegung einer neuen Eskalation zwischen Israel und palästinensischen Islamisten im Gazastreifen. Bisher allerdings ohne besonderen Erfolg.
Wann immer zu hören ist, man nähere sich einer Regelung, dann kann man bisher davon ausgehen, dass der nächste Angriff nicht lange auf sich warten lässt. Bisher wurden seit dem Wochenende nahezu 1000 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Sie richteten aber nur begrenzten Sachschaden an und zwangen die israelischen Bevölkerung in der Nachbarschaft des Gazastreifens, sich möglichst in grösserer Entfernung in Sicherheit zu bringen.
Abhängigkeit von Iran
Die israelischen Angriffe gelten bisher ausschliesslich der radikalen Gruppe «Islamischer Jihad», die sich in den 80er Jahren aus der Bewegung der ägyptischen «Moslembrüder» entwickelt hat. Die Jihadisten sind nicht die führende Gruppe im Gazastreifen, aber sicher die radikalste: Wie die meisten anderen auch lehnt sie entschieden jeden Vorschlag einer friedlichen Regelung mit Israel ab, besonders die Idee der «Zweistaatenlösung» – mit einem Staat Palästina neben Israel. Sie verfolgt offen und rücksichtslos das Ziel der Zerstörung Israels.
Unter den Opfern der israelischen Luftangriffe befinden sich denn auch drei wichtige Anführer der Gruppe. Insgesamt wurden bei den Gegenangriffen der israelischen Luftwaffe mindestes 25 Palästinenser getötet. Unter ihnen auch Frauen und Kinder.
Was den «Islamischen Jihad» besonders gefährlich machen dürfte, ist seine Nähe und Abhängigkeit von Iran. Wie schon die «Hisbollah» im Libanon wurde er von Iran ins Leben gerufen, um den Machtbereich islamistischer Staaten in Nahost zu vergrössern und die aktive Ablehnung und Anfeindung Israels durch diese Staaten zu stärken. So ist es längst kein Geheimnis mehr, dass die »Hisbollah» seit vielen Jahren Waffen – darunter auch Raketen – von Iran über Syrien geliefert bekommen hat und ebenso der «Islamische Jihad», der seinen Nachschub meistens auf Umwegen über Ägypten erhielt. Und das trotz des Friedensvertrages, den Kairo geschlossen hatte.
Neues Kapitel?
Solches mag erklären, warum Israel sich – zumindest bisher – auf Angriffe beschränkt, die dem «Islamischen Jihad» gelten, man die eigentlichen Machthaber in Gaza bisher, die «Hamas», aber nicht bedrängt. Auch diese Bewegung ist ein Erbe der Moslembrüder und lehnt Israel ab, aber vielleicht hat man in der Regierung Netanjahu das Gefühl, dass man es letztlich doch mit der einen oder anderen Palästinenser-Bewegung zu tun haben dürfte. Und dass der«Islamische Jihad» da wohl kaum in Frage kommt. Die israelische Regierung ignoriert dabei aber, dass sie ja selbst nicht bereit ist, eine Friedensregelung nach international anerkannten völkerrechtlichen Prinzipien zu akzeptieren.
Vor diesem Hintergrund dürfte es allerdings nicht lange dauern, bis aus der gegenwärtigen Gaza-Krise ein Rückschlag für bisherige Bemühungen um Verständigung und Friedensoptionen werden könnte: So hätte der Nahe Osten zu Beginn dieser Woche eigentlich ein neues Kapitel aufschlagen sollen: Saudi-Arabien und Syrien gaben bekannt, dass sie wieder Botschafter austauschen und Syrien nach 12 Jahren Bürgerkrieg in die Arabische Liga zurückkehren werde. Noch wichtiger allerdings sollte die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Riad und Teheran werden, die das jahrelange erbitterte Konkurrenz- und Macht-Gerangel zwischen Saudis und Iranern beenden sollte, das den Persischen Golf und die Arabische Halbinsel wiederholt der Gefahr einer bewaffneten Konfrontation ausgesetzt hatte.
Und nun dies: Wenn Iran seinen Einfluss im Gazastreifen weiter ausbauen sollte, droht der Region eine klare Verschärfung der ohnehin gefährlichen Situation, selbst wenn man einmal die so oft beschworene Atomgefahr ignoriert. So war kürzlich der iranische Aussenminister im Libanon und sprach an der israelischen Grenze drohende Worte: Der jüdische Staat müsse verschwinden. Auch der syrischen Präsident Bashar al Assad, der jetzt von den Saudis hofiert wird, ist alles andere als ein Verfechter eines Friedens mit Israel. Und sollten die von China unterstützten Bemühungen um eine Normalisierung zwischen Saudi-Arabien und Iran erfolgreich sein, dann könnte dies negative Folgen für die bisherige Normalisierung der Beziehungen Israels zu mehreren Golfstaaten – und im Ansatz auch Saudi-Arabien – haben.