Die Zürcher Kantonalbank war schon immer eine typische Staatsbank. Ein mit politischem Proporz zusammengesetzter Bankrat soll die Aufsicht verkörpern. In Wirklichkeit besteht er aus abgehalfterten Parteifunktionären, denen man ein warmes Plätzchen zuhielt, damit sie sonst keinen Schaden mehr anrichten. Die Geschäftsleitung fuhr volles Risiko in zweifelhaften Geschäften mit internationalen Grosskunden, im Hypothekarmarkt und mit Ami-Kunden.
Der Steuerzahler
Schliesslich trägt hier ja jemand das Risiko, der zu recht Steuerzahler heisst. Während «100 Prozent Kapitalschutz» eine hohle Bankerfloskel ist, wie Lehman-Opfer auch in der Schweiz schmerzlich erfahren mussten, funktioniert «100 Prozent Staatsgarantie» tadellos. Das verschafft Vorteile auf dem Kapitalmarkt, und die Interessen der letztlich haftenden Steuerzahler des Kantons Zürich sind von Leuten vertreten, die vor allem wissen: ist ja nicht mein Geld.
In Schönwetterzeiten funktioniert das bestens. Die ZKB liefert brav Gewinne ab, der Bankrat fordert frech eine gewaltige Lohnerhöhung für sein Nichtstun, die Geschäftsleitung verweist auf vergleichsweise bescheidene Gehälter und sonnt sich als Ersatz in der Wichtigkeit, bei den Big Boys mitspielen zu dürfen.
Der Zweck der ZKB
Nun ist aber der statuarische Zweck der Kantonalbank, «mit einer auf Kontinuität ausgerichteten Geschäftspolitik eine verlässliche Partnerin für die Zürcher Bevölkerung und ihre Kunden zu sein». Es braucht nun eine selten verschnarchte Aufsicht, um nicht zu sehen, dass das Agieren der ZKB mindestens in den letzten fünf Jahren kaum mehr etwas damit zu tun hatte.
Um nur ein Symptom zu nehmen: Wer Mitarbeiter ausspioniert und rausschmeisst, nur weil die sich abfällig auf einem Finanzblog zu ihrem Arbeitgeber geäussert haben, hat als Firma ein Problem. Fundamentaler: Wer seit Jahren fälschlicherweise behauptet, US-Kunden und der ganze Steuerstreit betreffe die ZKB nicht, nur am Rande, ein wenig, doch ein wenig mehr, hat ein klares Führungs- und Kontrollproblem. Aber es gibt ja eine gute Nachricht.
Wenige Steuerzahler oder viele
Nachdem die ZKB durch die Schweizerische Nationalbank für «systemrelevant» erklärt wurde, ist sie nun offiziell auch «too big to fail». Das bedeutet, dass auf die Kantonalzürcher Staatsgarantie noch eine eidgenössische draufgesattelt wird. Nach der Devise: Wenn sich die Bank ohne Rücksicht auf ihren eigentlichen Geschäftszweck so gross gefressen hat, dass ihr Zusammenbruch angeblich eine Gefahr fürs ganze Finanzsystem Schweiz darstellte, wird sie nicht etwa gesundgeschrumpft. Eine Perversion des Gedankens, dass «too big to fail» eben auch «too big to exist» bedeutet.
Davor wird wie immer eine Nebelwand aufgerichtet. Die ZKB müsse nun strengeren Eigenkapitalvorschriften genügen, damit werde sie sicherer. Purer Nonsens, denn diesen Vorschriften genügt sie heute schon. Nun sei es geboten, die schon Anfang Jahr geforderte Aufstockung des kantonalen Anteils am Eigenkapital um 2 Milliarden endlich zu bewilligen. Ja warum denn, wenn die Bank wie immer «bestens aufgestellt» war und ist?
Die Realität des Risikos
Lassen wir alle Spielereien mit risikogewichtetem Eigenkapital beiseite und vergleichen das harte Eigenkapital mit dem Bilanzvolumen, die sogenannte Leverage Ratio. Die ZKB dreht ein Bilanzrad von 150,7 Milliarden Franken. Seien wir so freundlich und rechnen wir das angegebene Eigenkapital von 8,8 Milliarden nicht weiter auf seinen nackten Wert runter, Stichwort «Gewinnreserve». Also beträgt die Quote 6 Prozent.
Das ist zwar mehr als bei den beiden Grossbanken. Aber natürlich viel zu wenig, um auszuschliessen, dass sich dieser kleine Puffer in Luft auflöst, wenn die Bank sich verzocken sollte. Mal 9 Milliarden Miese machen, das ist heutzutage für keine Bank dieser Grösse ein Problem. Klumpenrisiko Hypothekarmarkt Zürich, Investmentbanking, mögliche Busse in mindestens dreistelliger Millionenhöhe im Steuerstreit mit den USA, das kann sich schnell läppern.
Und die Aufsicht?
Der Bankrat der ZKB machte in letzter Zeit eigentlich nur damit Schlagzeilen, dass er sich ein deutlich gesteigertes Gehalt genehmigen möchte. Den ersten Antrag fasste er dabei so schludrig ab, dass ihn die Geschäftsleitung des Kantonsrats gleich wieder an den Absender zurückschickte. Daraufhin besserte der Bankrat nach, das Geschäft ist pendent.
Hat der hochwohllöbliche Bankrat, der aus drei vollamtlichen und zehn nebenamtlichen Mitgliedern besteht, in den letzten Jahren ein einziges Mal unter Beweis gestellt, dass er die Strategie, die grossen Linien, das Geschäftsmodell der Bank definiert, Ziele vorgibt, ihre Einhaltung überprüft? Ja wie denn, wenn seine meisten Mitglieder nicht mal Leverage Ratio buchstabieren können oder wissen, was risikogewichtet bedeutet.
Aber damit hört es ja nicht auf. Oberstes Aufsichtsorgan über die ZKB ist der Kantonsrat, also das Parlament. Das brütet schon seit vielen Monaten über der Anfang dieses Jahres geforderten Eigenkapitalerhöhung von 2 Milliarden. Zudem verliert kein einziger Parlamentarier eigenes Geld, wenn es «seiner» Bank dreckig gehen sollte. Auf keinen Fall, denn zuerst muss der Zürcher Steuerzahler einspringen, dann der Schweizer.
Klappt nicht mal bei einer AG
Wenn es selbst die Hauptleittragenden der beiden Grossbanken, deren Aktionäre, nicht geschafft haben, den herumfuhrwerkenden Bankenführern die Rechnung dafür zu präsentieren, dass beispielsweise CS-Besitzer in den letzten 5 Jahren 70 Prozent verloren haben, wie soll das dann bei der ZKB klappen? Die gehört nun letztlich allen, also niemandem. Immer die beste Voraussetzung für ein Riesenschlamassel.
Das wird vor allem die USA freuen. Einer Heraufsetzung der Bussen und dem Anlegen von weiteren Daumenschrauben bei der ZKB sind nun Tür und Tor geöffnet. Mit Staatsgarantie.