Die Geschichte von einem Mann zwischen zwei Frauen, der sich für die entscheidet, die ihm Macht und Reichtum verspricht, ist immer wieder erzählt worden. Diese spezielle mit der Choreographie des in St. Petersburg am Zarenhof ansässigen Franzosen Marius Petipa mit der Musik des Wieners Ludwig Minkus, wurde dort am 23. Januar 1877 vom kaiserlichen Ballett im Bolschoi-Theater uraufgeführt.
Opulentes Tanztheater
Das Setting ist ein exotischer phantastischer Ort im alten Indien, wo die Radschatochter mit der schönsten hinduistischen Tempeltänzerin um die Gunst des siegreichen Kriegers konkurriert – unter den wachsamen Augen eines vor Eifersucht rasenden Oberpriesters. Dies erlaubte damals wie heute ein reiches Bühnenbild und pompöse Kostüme, die heute noch zum Erfolg des Balletts beitragen.
Nach seiner Premiere in St. Petersburg wurde das Ballett in Russland, England, und mehrmals in New York und Lyon aufgeführt. Jedesmal wurde die Choreographie verändert.
Rudolf Nurejew überarbeitete als Pariser Ballettdirektor die Choreographie von neuem. Er blieb nah an der Ursprungsversion, reicherte diese aber noch an. «La Bayadere» wurde als letzte Inszenierung vor seinem Tod am 8. Oktober in Paris ausgeführt.
Schwieriger Transfer in die Gegenwart
In München suchte die frühere Ballettdirektorin Konstanze Vernon jahrelang nach Möglichkeiten, dieses monumentalste Werk Maurice Petipas, des wohl einflussreichsten Choreographen des 19. Jahrhunderts, aufzuführen. Die ursprüngliche wie auch die Nurejewsche Fassung – sie ist noch länger als das Original – schien ihr aber nicht geeignet.
Sie beauftragte schliesslich Patrice Bart, das Ballett neu zu bearbeiten und dabei vor allem zu kürzen und zu straffen. Bart hatte als Ballettmeister mit Nurejew dessen Fassung in Paris einstudiert. Maria Babanina, Leningrader Musikforscherin, wurde mit der Anpassung der Ballettmusik von Minkus betraut. Die Bayadere-Musik war nicht mehr rein Minkus, sondern mit den Jahren ein Mix aus verschiedenen Stücken geworden.
Um zu den Ursprüngen zurückzukehren, musste Babanina teilweise mit handschriftlichen Partiturfragmenten arbeiten. Die Entwürfe für Bühnenbild und Kostüme wurden Tomio Mohri, einem der kreativsten und vielseitigsten Künstler Japans, anvertraut. Mohri hat für das japanische Super Kabuki und Noh Theater gearbeitet, sowie visuelle Performances für die Schauen von Issey Miyake entwickelt. Seine Talente waren eigentlich der Grund gewesen, weshalb sich Konstanze Vernon entschlossen hatte das Projekt Bayadere in Angriff zu nehmen. Die Neukreation des Balletts war so schwierig und verlangte von allen so grosse Anstrengungen, dass die Premiere um ein Jahr verschoben werden musste.
Durchmischtes Konzept in München
«La Bayadere» präsentiert sich in München nun etwas durchmischt: Die beiden ersten Bilder des ersten Aktes zeigen eine straffe Erzählweise. Das Dritte hingegen, die Hochzeitsfeier, wird auf traditionelle Weise wie im «Schwanensee» oder beim «Nussknacker» mit Einlagen der diversen Teilnehmer ausgewalzt. Beim Zweiten Akt mit den drei Bildern ist es ähnlich.
Choreographisch wirkt das Stück nun nicht wie aus einem Guss, sondern wie zusammengestellte Fragmente. Zusammengehalten wird es ausser von der Geschichte vom Rahmen der Bühnenbilder und den Kostümen. Diese sind, so widersprüchlich dies auch klingen mag, in einer minimalistischen Art pompös. Der Eindruck der Pracht wurde durch wenige hoch ästhetische Elemente gezielt bewirkt. Nichts hätte wegfallen dürfen. Doch jedes Zusätzliche hätte überladen gewirkt.
Überzeugende Solistinnen
Tänzerisch zeigte die Erste Solistin Daria Sukhorukova als Tempeltänzerin Nikija eine überzeugende, sehr anmutige, Leistung. Als Radschatochter Gamzatti überzeugte Ivy Amista ebenfalls, doch er forcierte sich im Überschwang und zeigte dann technische Schwächen. Beide wurden von Timur Askerov, der als Gasttänzer des Marinsky Balletts in München den Krieger Solor gab, sehr kundig unterstützt. In seinen Solopartien wirkte Askerov weniger athletisch oder elegant als erhofft; doch als Partner in den Pas de Deuxs war er unübertroffen.
Das Corps de ballet tanzte enthusiastisch, doch gerade in den schnellen Passagen sehr individualistisch. Da flogen Arme und Beine fröhlich in diverse Richtungen. Die Begeisterung der Tänzer für dieses Ballett war durchwegs spürbar.
Dem Zuschauer blieb am Ende der Aufführung der Eindruck, etwas Schönes gesehen zu haben. Dass man nicht beteiligter ist, liegt vielleicht an der Musik. Ludwig Minkus hat, im Gegensatz zu Tschaikowski, keine Passagen geschrieben, die anrühren und leicht im musikalischen Gedächtnis haften. So bleiben von dieser «Bayadere» vor allem die visuellen Eindrücke.
Nächste Aufführungen im Münchner Staatstheater: 15. März und 10. April 2014