Die drei neuen Präsidenten der bürgerlichen Parteien sind jüngster Beweis für diesen Rechtsruck. Eine Präsidentin Petra Gössi wäre zu Zeiten, als Franz Steinegger (FDP-Präsident 1989 – 2001) die freisinnigen Parteifäden zog, undenkbar gewesen. Ebenso ein Präsident Gerhard Pfister, als Iwan Rickenbacher(CVP-Generalsekretär 1988- 1992) starker Mann der CVP war.
Radikalisierung der SVP
Ähnliches gilt für den Berner Oberländer Adolf Rösti; früher konnte sich innerhalb der SVP der staatstragende Berner Flügel gegen den millionenschweren Konservatismus und galoppierenden Nationalismus der Zürcher SVP noch durchsetzen, so mit der Wahl in den Bundesrat von Adolf Ogi (1988 – 2000) und noch knapp jener von Samuel Schmid als Nachfolger. Heute fahren der neue Berner Parteipräsident und die beiden SVP-Bundesräte auf einer strikt vorgeblochten, und publizistisch verklöppelten Herrliberger Linie.
Was speziell frappiert: Den beiden anderen bürgerlichen Parteien erscheint das als normal und angebracht. Gössi und Pfister setzen sich mit Rösti zusammen, um „bürgerliche Politik“ in den Räten zu planen und damit letztlich ihre SVP-Politik zur offiziellen schweizerischen Politik zu machen. Das wäre die Erfüllung des Lebenstraumes von Blocher, nachdem er dies mit der Brechstange - als Bundesrat, als Parteienfinancier und als Medienaufkäufer - nicht hat erreichen können.
Stillhaltepolitik
Die FDP und CVP halten gegenüber einer SVP, welche die Schweiz international mit ihrer Masseneinwanderungsinitiative in die Isolierung geführt hat, still. Zusätzlich wird die nationale Wohlfahrt immer wieder aufs Spiel gesetzt. Das geschah zum Beispiel mit der von Blocher angezettelten Intrige zum Sturz von SNB-Präsident Hildebrand, was zur Aufhebung des Mindestkurses und der für KMU und Mittelstand verheerenden Frankenstärke geführt hat.
Jener Mittelstand und jene KMU, deren Förderung sich die CVP auf die Fahne geschrieben hat, wird heute durch einen Präsidenten aus dem klassischen Briefkastenfirma- und Steuersparkanton Zug vertreten. „Zug“ ist im Sprachgebrauch der internationalen Wirtschaftsmedien zum Inbegriff für weltweit tätigen Unternehmen geworden. Das gilt für die Rohstoffbranche aber auch für andere Sparten, bei denen Steuerersparnis zu den wichtigsten Geschäftsprinzipien gehören.
Gegen Brüssel
Die FDP hatte sich noch 1995 den EU-Beitritt in das Parteiprogramm geschrieben, weil sie richtig sah, dass die europäische Mittelmacht Schweiz im 21. und asiatischen Jahrhundert nur im Verbund mit gleichgesinnten europäischen Partnern würde bestehen können. Diese FDP hat sich heute unter dem Eindruck der wohlfinanzierten Schmierenkomödie „Die Nation Schweiz gegen die Brüsseler Vögte“ des Autorenkollektivs SVP/AUNS/weitere Klone aus der Diskussion über die Zukunft der Schweiz verabschiedet.
Der ideologische Niedergang der FDP hatte schon mit der Kampagne für die Parlamentswahlen von 1979 begonnen, die unter den idiotischen Slogan „Mehr Freiheit – weniger Staat“ geführt wurde. Dies von einer Partei, welche an der Wurzel der modernen Schweiz stand und deren Gründer wussten, dass nur ein starker Staat - auf allen drei Ebenen unseres Bundesstaates - die Freiheit aller garantieren kann. Die Freiheit aller, ein Leben in Frieden, sozialer Würde und individueller Selbstverwirklichung zu führen.
Falsche Normalität
Das internationale Problem der Schweiz mit ihrer SVP besteht nicht bloss darin, dass es sie gibt. Rechtsextreme und nationalistische Parteien haben sich im Zuge der Verunsicherung des Mittelstandes durch Globalisierung und Digitalisierung in praktisch allen europäischen Ländern bemerkbar machen können. Unter den der Schweiz vergleichbaren Ländern in unserer europäischen Nachbarschaft sind wir indes im Hinblick auf die Grösse und die generelle Akzeptanz einer rechtsextremen Partei einzigartig. Denn die SVP wird in Europa als rechtsextrem angesehen. Anderenorts werden solche politischen Strömungen von der politischen Mitwirkung ausgeschlossen. So die AfD in der Deutschland, die FN in Frankreich und die Neofaschisten in Italien. In Österreich führte ein kurzer Flirt der staatstragenden ÖVP mit Haiders FPÖ zu heftigen Reaktionen anderer EU-Mitglieder.
Nicht so in der Schweiz, wo sehr weite Kreise die SVP als „normale“ an Regierungspolitik beteiligte Partei akzeptiert haben. Das ist sie aber nicht, wie sie mit ihren bedenklichen Plakaten, ihrer jede finanzielle Grenze sprengenden Abstimmungspropaganda und ihrem den Staat zerstörenden Einsatz der Instrumente der direkten Demokratie immer wieder beweist.