Der deutsche Rechtschreibrat hat es erneut abgelehnt, Genderzeichen ins amtliche Regelwerk zu übernehmen. Diese Schreibweisen gelten also nach wie vor als falsch. Aber darum geht es schon länger nicht mehr.
Das Argument, dass gegenderte Worte inkorrekt geschrieben sind, ist wirkungslos. An Schulen und Universitäten, immerhin staatlichen Institutionen, die auf korrekte Schreibweisen verpflichtet sind, wird gegendert, was das Zeug hält. Manche Universitäten akzeptieren Anträge auf zu finanzierende Projekte nur dann, wenn sie unübersehbar mit Genderzeichen gepflastert sind. Und manche Schulleiter stellen das Gendern ihren Lehrern frei, obwohl es nicht in ihrer Kompetenz steht, Rechtschreibregeln nach Belieben zu ändern. Nur Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern haben ihren Schulen und Universitäten das Gendern explizit verboten.
Wer ist «mitgemeint»?
Sprachwissenschaftlich ist zum Thema Gendern alles gesagt worden. Die Verfechter des Genderns haben denn auch wieder und wieder betont, dass ihnen diese Argumente nicht nur gleichgültig sind, sondern dass die besondere Pointe des Genderns gerade im Regelverstoss liegt.
Man sollte diese Aussage ernst nehmen und fragen, was genau dahinter steckt. Vordergründig heisst es, dass sich viele im Rahmen der konventionellen Ausdrucksweisen nicht «mitgemeint» fühlen. Wenn also von «Bürgern» die Rede ist, fühlen sich Frauen angeblich immer noch als Heimchen am Herd, denen noch nicht einmal das Wahlrecht zukommt. Das Wort «Bürgerin» wirkt dagegen wie eine Zauberformel, die sie flugs nicht nur an die Wahlurnen, sondern am besten gleich in die Parlamente katapultiert.
Logischer Unfug
Aber man soll sich über die etwas antiquierten Kämpfe des Feminismus nicht lustig machen. Denn die Anstösse, die der Feminismus gegeben hat, sind so erfolgreich, dass die Einteilung in männlich und weiblich sprachlich schon längst nicht mehr reicht, weil es jetzt eine unbestimmte Zahl neuer Geschlechter gibt. Darin liegt die Pointe der Genderzeichen, die alle Geschlechtsvarianten umschliessen. Allerdings ist das nicht umbedingt ein Vorteil des konventionellen auf die Interessen von Frauen gerichteten Feminismus, denn nun sind Frauen nur noch ein Geschlecht unter einer noch nicht klar definierten Vielzahl von anderen Geschlechtern. Damit erübrigt sich im Grunde auch die Quotendiskussion.
Aber auch dieser Hinweis auf den logischen Unfug des Genderns wird die Gruppen, die es mit Furor betreiben, nicht im Mindesten stoppen. Denn es geht nicht um sprachliche oder logische Stimmigkeit, sondern zuerst einmal um Durchsetzung, man kann auch sagen: um Macht. Welche Gruppe kann anderen Gruppen ihren Willen aufzwingen? Deswegen verfängt das Argument, dass laut Umfragen eine Mehrheit der Bevölkerung das Gendern ablehnt, nicht. Um so besser für die Verfechter, können sie doch ihre Durchsetzungskraft beweisen!
Eine Frage des Stils
Allerdings kann man das Gendern auch als eine Stilfrage behandeln. Rein ästhetisch sehen gegenderte Texte etwa so gewöhnungsbedürftig aus wie Piercings oder Tätowierungen. Aber was die einen abstösst, ist für die anderen gerade attraktiv. Stile sind kulturelle Codes, die Zugehörigkeiten markieren. Solange Zugehörigkeiten in der freien Wahl des Einzelnen liegen, ist das kein Problem.
Schwierig wird es, wenn sich Zugehörigkeiten nicht vermeiden lassen. So ist man als Kunde auf das eine oder andere Unternehmen angewiesen, ob man es nun mag oder nicht. Der schlechte Stil des Genderns wird dann als besonders unangenehm erlebt. Da kann man nur hoffen, dass irgendwann ein neues Management sich dadurch profiliert, dass es den Unmut, den es als Gegentrend zum Gendern ja auch gibt, ernst nimmt und den Unfug stoppt.
Der Einzelne kann sich nur dadurch abgrenzen, dass er gegenderte Werbetexte, Kataloge oder Programme nach Möglichkeit ignoriert. Das Gleiche gilt für Zeitungen und Bücher. Verleger wissen das. Sie gendern ein bisschen in der Werbung, aber sie hüten sich davor, das auch in ihren Zeitungen und Büchern zu tun. Denn sie würden weitaus mehr Leser und Abonnenten verlieren, als sie damit gewinnen könnten.