Er hat nie verhehlt, wie sehr er die Medien verachtet. „Zeitungslesen ist unnötig“, zitierte ihn die spanische Tageszeitung „El País“, „und um den Geist sauber zu halten, schalten wir besser den Fernseher ab.“ Weil sein Appell offenbar nicht die erhoffte Wirkung zeigte, verschafft ihm Rafael Correa jetzt mit einem Gesetz Nachdruck. Dieses untersagt den Medien, sich während der Wahlkampagne direkt oder indirekt für oder gegen einen bestimmten Kandidaten auszusprechen oder sonst irgendwelche Wahlempfehlungen abzugeben. Auf diese Weise, so rechtfertigt der Linksnationalist die Einschränkung der journalistischen Freiheit, soll verhindert werden, dass die Medien zu politischen Akteuren werden und „Präsidenten einsetzen oder absetzen“.
Private Medien in Ecuador versuchen tatsächlich immer wieder, direkten Einfluss auf das politische Geschehen zu nehmen. Sie haben sich die Rolle des Oppositionsführers angeeignet und lassen keine Gelegenheit ungenutzt, gegen die Regierung Stimmung zu machen. Zuweilen auf sehr unfaire Weise.
Millionenteure Beleidigungen
Ein Missbrauch der Pressefreiheit konnte allerdings schon bisher gesetzlich sanktioniert werden. Correa hat von dieser Möglichkeit auch bereits Gebrauch gemacht. Im vergangenen Jahr klagte er gegen die ecuadorianische Zeitung „El Universo“, weil diese ihn in einer Kolumne als Diktator bezeichnet und ihm eine Strafverfolgung wegen Menschenrechtsverletzungen in Aussicht gestellt hatte. Mit Erfolg: Ein Gericht verurteilte den Autor des Beitrags und die drei Direktoren des Blattes wegen verleumderischer Beleidigung erstinstanzlich zu je drei Jahren Gefängnis und insgesamt 40 Millionen Dollar Busse. Correa, der seit 2007 die Geschicke Ecuadors lenkt, hatte eine Genugtuungssumme von 80 Millionen verlangt.
Die drakonische Strafe stiess nicht nur bei nationalen und internationalen Journalistenvereinigungen auf Kritik, sondern auch bei Menschenrechtsorganisationen und in juristischen Kreisen. Der Fall liegt jetzt beim nationalen Gerichtshof. Sollte dieser das Verdikt der ersten Instanz bestätigen, müssten die Besitzer des „Universo“ wohl Konkurs anmelden.
Staatsaufträge für den grossen Bruder
Mit einer hohen Busse belegte dieser Tage ein Gericht auch zwei Journalisten, die in einem Buch mit dem Titel „El Gran Hermano – Der grosse Bruder“ über Staatsaufträge in Millionenhöhe für Firmen von Fabricio Correa, dem älteren Bruder des Präsidenten, berichten. Dem Buch zufolge soll der Staatschef von diesen Verträgen Kenntnis gehabt haben. Correa bestreitet dies. Er rief abermals die Justiz an und setzte sich auch diesmal durch. Die beiden Journalisten wurden dazu verknurrt, ihm für den moralischen Schaden je eine Millionen Dollar zu zahlen. Auch in diesem Fall haben die Verurteilten Berufung eingelegt.
Angst und Selbstzensur
Ecuador ist beileibe nicht das einzige Land in Lateinamerika, in dem Regierung und private Medien einander in inniger Abneigung zugetan sind. Venezuelas Staatschef Hugo Chávez liegt seit eh und je im Clinch mit TV-Sendern, Radios und Zeitungen. Für ihn sind viele von ihnen „Oligarchen“ und „Feinde der Revolution“. Er glaubt mit absoluter Sicherheit zu wissen, dass einzelne Medienunternehmer direkt am missglückten Putschversuch gegen ihn im April 2002 beteiligt waren. Tatsache ist, dass Chávez nach zwei Tagen wieder an die Macht kam, die privaten Radio- und TV-Anstalten diese hochaktuelle Nachricht aber zunächst bewusst zurückhielten. Die unsichere Lage, so rechtfertigten sie sich später, habe es ihnen nicht erlaubt, ihrer Informationspflicht nachzukommen.
Die venezolanische Regierung hat in den vergangenen Jahren Dutzende von Sendelizenzen nicht verlängert. Und dies, will man Chávez glauben, einzig und allein darum, weil die betreffenden Kanäle ihrer sozialen Verantwortung nicht nachkamen. In Tat und Wahrheit strebt er die mediale Vorherrschaft im Land an. Die Gesetze schränken die Arbeit der Journalisten ein. Verbreitet ein Sender Nachrichten, die nach Einschätzung der Regierung die Sicherheit der Nation gefährden oder die öffentliche Ordnung beeinträchtigen, muss er mit Sanktionen rechnen. Der Interpretationsspielraum dabei ist gross. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass Medienschaffende oft aus Angst Informationen zurückhalten, obwohl sie von öffentlichem Interesse wären.
Lula und der Sturm im Bierglas
Manchmal reagieren selbst lupenreine Demokraten alles andere als souverän auf eine Berichterstattung, die ihrer Meinung nach nicht der Wahrheit entspricht – oder ihnen einfach nicht in dem Kram passt. So geriet Brasiliens Ex-Präsident Luiz Ináco Lula da Silva vor ein paar Jahren fürchterlich in Rage über einen US-Journalisten, weil dieser – gestützt auf Aussagen einheimischer Politiker – in seiner Zeitung geschrieben hatte, der populäre Staatschef trinke zuweilen ein Bier oder eine Caipirinha über den Durst, und ihm damit mehr oder weniger direkt Trunksucht unterstellte.
Na und?, sagte Volkes Stimme. Lula hingegen war laut lokalen Medienberichten derart erbost, dass er dem Korrespondenten angeblich auf der Stelle das Arbeitsvisum für ausländische Journalisten entziehen lassen wollte. Dass der Mann dann doch bleiben durfte, war kein Gnadenakt des Staatsoberhauptes und auch kein explizites Bekenntnis zur Pressefreiheit, sondern sein gutes Recht. Er ist mit einer Brasilianerin verheiratet und hat deshalb eine Dauer-Aufenthaltsbewilligung.