Es begann Anfang der Siebzigerjahre. Der Berner Professor Walther Hofer kämpfte mit seiner „Radio- und Fernsehvereinigung“ gegen linke Tendenzen in der SRG. Sein Kampf sei erfolgreich gewesen, sagte Hofer gegen den Schluss seines Lebens.
Diese Ansicht teilen viele seiner Nachfolger ganz und gar nicht. Noch immer pflegen rechtspopulistische Kreise, vor allem die SVP, das Bild vom „linken Fernsehen“.
Die SRG versucht, Euch „eine linke Gesinnung einzuimpfen“, sagte SVP-Nationalrat Roger Köppel im Januar an der SVP-Delegiertenversammlung in Confignon bei Genf. Und weiter: „Dafür bezahlen Sie auch noch.“ Seit Jahren führen die Rechtspopulisten einen Kampf gegen das Fernsehen. Fordert man sie auf, konkrete Belege vorzulegen, schweigen sie.
Populisten inszenieren sich seit jeher gern als Opfer der Machthaber und der dominierenden Medien, vor allem des Fernsehens.
Man schürt Ängste und Unbehagen vor dem „Koloss Fernsehen“, dieser riesigen, unheimlichen, bedrohlichen, fast kafkaesken Anstalt. Dort, hinter den Mauern am Leutschenbach, kennt man die Kniffs und Tricks, wie man das Volk manipuliert und hinters Licht führt.
Die Populisten leben davon, dass sie Feindbilder züchten. Sie geben sich als Märtyrer, die für das Volk kämpfen. „Wir wollen nicht länger Opfer sein. Wie Winkelriede werfen wir uns in die Lanzen der linken Meinungsmacher.“ Nichts macht soviel Energie frei, wie der Kampf gegen einen Feind. Und nichts einigt so sehr wie die Wut auf einen gemeinsamen Gegner. Ist kein Feind vorhanden, muss man einen erfinden. Und vor allem: Man muss die Empörung gegen den angeblichen Feind stets bewirtschaften.
Die Taktik funktioniert, nicht nur in der Schweiz. Auch bei Linkspopulisten. Dort sind die Kapitalisten, die Ausbeuter die Zielscheibe.
Doch die Rechtspopulisten pflegen die Feindbild-Kreuzzüge raffinierter und professioneller und hatten damit lange Zeit Erfolg. Sie hatten schon früh das Potential entdeckt, mit Stimmungsmache gegen die Medien Kapital zu schlagen. Das „mächtige“ Fernsehen bot sich als Geschenk des Himmels an.
Die No-Billag-Initiative einiger postpubertärer Traumtänzer war da ein Steilpass. Als einzige Partei unterstützt die SVP die Vorlage und hofft, politisches Kapital daraus zu schlagen. Wieder gibt man sich als Märtyrer, die als einzige gegen den „Moloch SRG“ kämpfen. Jahrelang funktionierte die Märtyrer-Taktik.
Doch jetzt geschieht Erstaunliches. Die zweite SRG-Umfrage zu den Stimmabsichten zeigt, dass die Gegner der Initiative weiter zulegen. Jetzt würden 65 Prozent der Stimmenden Nein sagen.
Das Interessanteste jedoch ist: Auch SVP-Sympathisanten sind immer weniger für die Initiative. Die Umfrage zeigt, dass nur noch 56 Prozent der SVP-Wähler die Initiative unterstützen. Das sind 10 Prozent weniger als ein Monat zuvor. „Bestimmt dafür“ sind nur noch 31 Prozent der SVP-Wähler. Für Roger Köppel und Co. sind solche Zahlen eine Klatsche ins Gesicht. Er, der immer behauptet, die andern würden am Volk vorbeipolitisieren, politisiert offenbar sogar an der eigenen Klientel vorbei.
Der Stimmungsumschwung sei angesichts der riesigen Kampagne der SRG-Befürworter nicht erstaunlich, wird die SVP sagen. Ein Delegierter an der SVP-Versammlung in Confignon sprach gar von einer „Psychoterrorkampagne“ der SRG-Befürworter. Wieder einmal geben sich die Parteioberen als Opfer. „Alle sind gegen uns.“ Ja, sogar die Mehrheit der eigenen Mitglieder.
Bedeutet das alles, dass der Kampf gegen das „linke Fernsehen“ nichts mehr einträgt? Ist die Mär von den „linken Meinungsmachern am Leutschenbach“ langsam ausgelutscht?
Die SVP tut gut daran, sich ein neues Feindbild aufzubauen.