Er säte Furcht, auf Fox News jeweils um fünf Uhr nachmittags, vor einer jüdisch-kapitalistischen Weltverschwörung, vor Barack Obama, dem angeblichen Rassisten und Sozialisten und jüngst, während den Umwälzungen in Nahost, vor einer gefährlichen Allianz zwischen Amerikas Liberalen und Muslimen der Region, die den radikalen Islam verbreiten und ein neues Kalifat errichten wollten. Doch Glenn Beck erntete zunehmend Skepsis und Verachtung und die Zuschauer verliessen ihn in Scharen.
Harmonische Scheidung
Hatten 2009 auf dem Höhepunkt seiner Popularität mitunter noch an die drei Millionen Amerikaner seine Sendung geschaut, so schalteten ihn in den ersten drei Monaten dieses Jahres lediglich noch 1,9 Millionen zu. Auch sprangen die Werbekunden ab: Über 400 sollen es gewesen sein. Glenn Beck wurde, wie es in der Branche unschön heisst, „radioaktiv“ – ein Zustand, der seinem Arbeitgeber, allen Treueschwüren zum Trotz, mit Bestimmtheit nicht gleichgültig sein konnte.
Also einigten sich Fox News und Glenn Beck auf eine harmonische Scheidung, deren genauer Zeitpunkt allerdings noch nicht feststeht. Bis spätestens Ende Jahr sollen sich, nach fast drei Jahren, die Wege trennen, sagen die einen; mutmasslich schon im Sommer, unken andere. „Die Hälfte der Schlagzeilen behauptet, er sei gefeuert worden. Die andere Hälfte sagt, er sei freiwillig gegangen“, hat Roger Ailes, der mächtige Chairman von Fox News, verlauten lassen: „Wir können mit beiden Arten von Titeln sehr gut leben.“.
Glenn Beck habe, so sagt Ronald Reagans einstiger Medienberater, die düstere Geschichte vom drohenden Untergang Amerikas so gut erzählt, wie das unter den Umständen eben nur ging: „Ob man diese Geschichte aber ewig weitererzählen kann, da sind wir uns nicht so sicher.“ Ailes sprach auch vage von einer künftigen Zusammenarbeit zwischen Fox News und Beck. Andere Stimmen meinen, der 46-Jährige könnte versuchen, sich wie Entertainerin Oprah Winfrey einen eigenen Fernsehkanal zu kaufen, um dort seine Sendungen zu platzieren.
Auf jeden Fall behält Glenn Beck seine morgendliche Radioshow, die landesweit auf Hunderten von Stationen ausgestrahlt wird. Im Radio hatte Beck, der Sohn eines Bäckers aus dem Städtchen Mount Vernon (Washington), als DJ einst seine Laufbahn begonnen. Eine bunte Karriere, die ihn, so sehen das zumindest etliche Anhänger der Tea Party, 2012 als Weggefährte von Alaskas Ex-Gouverneurin Sarah Palin bis ins Weisse Haus führen könnte. Doch diese Prognose ist so realitätsfremd, wie es Glenn Becks Horrorszenarien sind, die er im Fernsehstudio mit weisser Kreide auf schwarze Wandtafeln zu skizzieren pflegt – schrill und schräg zugleich.
Verschwörungstheorien ohne Überzeugungskraft
Dana Milbank, Kolumnist der „Washington Post“ und Autor einer Beck- Biografie, sieht einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Konjunktur in den USA und dem unrühmlichen Abgang des Fernsehmoderators: „Als Becks Show auf Fox News im Januar 2009 startete, war die Nation im Strudel eines wirtschaftlichen Kollapses, wie das Land seit den 30er-Jahren keinen mehr erlebt hatte.“
Glenn Becks zornige Sendungen über den drohenden Niedergang Amerikas, so argumentiert Milbank, hätten perfekt auf jener Welle der Angst gesurft, die damals über die Nation schwappte und einem zuvor nur mässig bekannten Entertainer plötzlich drei Millionen Zuschauer pro Abend bescherte: „Doch als die Rezession nachzulassen begann, mangelte es Becks apokalyptischen Visionen und ominösen Verschwörungstheorien an Überzeugungskraft, und sein Publikum begann abzuschalten.“ Der Fernsehmoderator habe das nicht wahrhaben wollen und sei noch weiter abgedriftet. Unter anderem begann Beck seinen Zuschauern zu raten, zu Hause Lebensmittel zu horten und Trockennahrung zu kaufen – für den Fall des Endes der Zivilisation.
Wie Glenn Beck haben indes in Amerika auch andere öffentliche Angstmacher an Popularität eingebüsst. Laut einer Umfrage von Washington Post-ABC News ist die Beliebtheit von Sarah Palin unter Republikanern und eher rechts stehenden Unabhängigen von 70 Prozent im vergangenen Oktober und von 88 Prozent im Jahr 2008 inzwischen auf 58 Prozent gesunken. Gleichzeitig ist einer CNN-Umfrage zufolge das Misstrauen gegenüber der Tea Party von 26 Prozent im Januar 2010 auf heute 47 Prozent gestiegen. Lediglich noch 32 Prozent der Amerikaner stufen die politische Sammelbewegung zorniger Wähler positiv ein.
Wenn es aber einen im Lande gibt, der Glenn Becks Abgang zutiefst bedauert, dann ist es der TV-Satiriker Jon Stewart. In seiner „Daily Show“ auf Comedy Central pflegte Stewart seinen Kollegen wiederholt bitterbös und gallig zu karikieren - dessen Abstrusitäten wie dessen Frömmeleien, dessen Hetztiraden wie dessen Tränenausbrüche, dessen Anbiedereien wie dessen Wutanfälle. Vergangene Woche widmete er Glenn Becks Abgang vom Bildschirm fast eine ganze Sendung, in deren Verlauf er schelmisch verriet: „Ehrlich, Freunde, er war gut fürs Geschäft!“.