Erstmals seit Beginn des Gazakriegs hat sich Hassan Nasrallah, Chef der schiitischen Hizbullah-Miliz im Libanon, zu Wort gemeldet. Die Ankündigung seiner Rede hatte Erwartungen und Befürchtungen geweckt. Doch Nasrallahs Botschaft blieb vage.
Der Führer der schiitischen Hizbullah (Partei Gottes), Hassan Nasrallah, warnte Israel, sollte es nach den Kämpfen in und um Gaza versucht sein, auch gegenüber dem Libanon Angriffe durchzuführen, dann sei dies «die grösste Dummheit». Konkrete Drohungen hielt er zwar weitgehend zurück, warf Israel aber vor, der Libanon sei ja bereits seit Beginn des Gaza-Krieges in einen neuen Konflikt mit Israel engagiert, der nur allzu leicht zu einer neuen Schlacht führen könne. Gleichzeitig schien ihn dies nicht übermässig zu beunruhigen: «Allah hat uns versprochen, dass wir siegen, in Gaza und in Palästina.»
Schon vor Beginn des Gazakrieges hatte die libanesische Regierung davor gewarnt, Spannungen und Konflikte mit Israel zu entfachen. Der Libanon habe genug Probleme und man wolle sich aus möglichen neuen Auseinandersetzungen – welcher Art auch immer – heraushalten. Es ist kein Geheimnis, dass solch eine Mahnung in erster Linie der Hizbullah galt, der einzigen Partei des Libanon, die eigene Truppen unterhält und damit die grösste und am besten bewaffnete Gruppe im Libanon ist. So soll sie über Abertausende hochentwickelter Raketen verfügen und grosse Lager mit weiteren Waffen unterhalten, die sie im Lauf der Jahre in erster Linie aus dem Iran erhielt.
Über die Verbindung zum Iran behauptete Nasrallah lediglich, dass Teheran keine Widerstandsgruppen oder -bewegungen kontrolliere. Dass der Iran genau dies tut, ist jedoch ein offenes Geheimnis. Dies zeigt sich nicht nur an den iranischen Waffenlieferungen an die Hizbullah, sondern auch an wiederholten Libanonbesuchen des iranischen Aussenministers, Amir-Abdollahian, insbesondere an dessen Auftritten an der Grenze zu Israel im Südlibanon. Ausserdem war es der Iran, der die Hizbullah während der Bürgerkriegszeit gründen half.
Nasrallah war schon seit langem nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten. Dies wurde in Israel als taktische Zurückhaltung interpretiert, um die Hizbullah nicht für eine weitere Verschärfung der Probleme Libanons verantwortlich zu machen. Das Land leidet an grossen Wirtschafts- und auch innenpolitischen Problemen. So wird die Regierung nur vorübergehend von einem temporären Ministerpräsidenten geführt und der Posten des Staatspräsidenten (laut Verfassung ein maronitischer Christ) bleibt vakant.
Der Hizbullah-Führer konnte trotzdem nicht umhin, vom Gazakrieg zwischen Israel und der Hamas zu schwärmen: Was man dort erlebt habe, das sei die «entscheidende Schlacht» gewesen. Konkret wurde er hierbei allerdings nicht. Nur aussenpolitisch fuhr er schweres Geschütz auf: Die USA müssten sich, so Nasrallah, aus Syrien und dem Irak zurückziehen und jede Unterstützung für Israel einstellen. Letzteres verlangt der Hizbullah-Chef auch von den Europäern.