Es gibt ein paar Clubs der Big Boys auf der Welt. Da wäre zunächst die Gruppe der angeblich wichtigsten Industrie- und Schwellenländer G-20. Zu den USA, zu China, Japan, Deutschland, England, Russland und der Europäischen Union gesellen sich Staaten wie Indien, Brasilien, Mexiko, Indonesien, Argentinien oder Saudi-Arabien. Die Schweiz ist nicht dabei, obwohl sie als Finanzplatz oder nach dem BIP gemessen wichtiger und grösser als einige Mitglieder ist.
Dann gibt es die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), zu deren Gründungsmitgliedern die Schweiz gehört. Dieser Club ist inzwischen auf 34 Mitglieder angewachsen, darunter demokratische Lichtgestalten wie Mexico oder Ungarn.
Eins über die Rübe
Gelegentlich darf die Schweiz am Katzentisch, als Gast, an G-20-Treffen teilnehmen, so wie unlängst am Finanzministerstelldichein in Washington. Im Abschlusscommuniqué heisst es, die G-20 erwarte, dass der Automatische Informationsaustausch (AIA) Standard werde.
Gleichzeitig wurde der Jahresbericht des Global Forum zur Kenntnis genommen, einer bei der OECD angesiedelten Organisation, die Noten verteilt über den Status eines Landes, was die Zusammenarbeit in Steuerfragen betrifft und ob gesetzliche Standards eingehalten werden. Nun, da sind unter anderen Botswana, Dominica, Guatemala, Liberia, die Marschallinseln, Nauru, Niue, Panama sowie Vanuatu durchgefallen. Die Schweiz hat zwar bestanden, aber nur unter Vorbehalt, oder auf Deutsch: auch durchgefallen, während leuchtende Vorbilder für Transparenz in Steuerfragen und für astreine Rechtshilfe wie Singapur oder British Virgin Islands das Examen problemlos bestanden.
Reine Heuchelei
Die Anonymität von Inhaberaktionären und, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, das zu wenig eingeschränkte Recht auf Akteneinsicht für potenzielle Steuersünder in Amtshilfeverfahren sind dem OECD-Global Forum bei der Schweiz ein Dorn im Auge. Während die Tatsache, dass in den USA problemlos anonyme Scheinfirmen gegründet werden können, genauso wie innerhalb des British Commonwealth, natürlich freundlich übersehen wird.
Zudem lobt die OECD, dass die USA mit ihrem Schnüffelmonster FATCA dem Automatischen Informationsaustausch (AIA) zum internationalen Durchbruch verhülfen. Dass es sich bei FATCA um eine Einbahnstrasse handelt, auf der den USA detaillierte Informationen auch über Beteiligungen von US-Bürgern an Firmen geliefert werden müssen, während entsprechende Anfragen an die USA unbeantwortet abprallen, was soll’s.
Das kommt davon
Die Kritikpunkte an der Schweiz sind die gleichen wie im letzten Bericht dieses Global Forum der OECD aus dem Jahre 2011. Dazwischen liegen zwei Jahre Schweizer Aussenpolitik, die im Wesentlichen aus Zu-Kreuze-Kriechen, Nachgeben, Auslieferung von Kunden- und Mitarbeiterdaten, der faktischen, aber nicht gesetzlich legitimierten restlosen Zertrümmerung des Bankgeheimnisses, der Zustimmung zu FATCA und der mehrfach signalisierten Verhandlungsbereitschaft über den AIA bestand.
Das geschieht alles nach der Devise: Die Schweiz ist klein, die anderen sind mächtig, da muss man pragmatisch sein. Geschickte Politik bedeutet geben und nehmen. Im Falle der Schweiz allerdings ist ungeschickte Politik geben und geben.
Die Schweiz fordert
Am Finanzministertreffen der G-20 in Washington signalisierte Bundesrätin Widmer-Schlumpf einmal mehr Bereitschaft, in Gespräche über den AIA einzutreten. Sie forderte aber, der Automatische Informationsaustausch müsse zum globalen Standard und die Verwendung von Trusts als legale Steuersparkonstrukte müsse auch geklärt werden.
Sie hätte auch die weltweite Einstellung von Kampfhandlungen und die sofortige Ausserbetriebnahme von Drogenkartellen, Menschenhändlerringen, Schutzgelderpressungen samt Schliessung der entsprechenden Geldwaschmaschinen in Florida, Delaware und auf diversen Commenwealth-Inseln fordern können. Die Erheiterung unter den versammelten G-20-Finanzministern wäre kaum kleiner gewesen.
Vorschlag zu Güte
Statt solche überflüssige Reisen nach Washington oder an den Katzentisch der letzten G-20-Versammlung in Moskau zu unternehmen: Wie wäre es mit einem Abstecher nach Port Vila, der Hauptstadt der Republik Vanuatu? Die pazifischen Inseln sind zwar erst seit 1980 unabhängig. Aber vielleicht kann die Schweiz dort lernen, wie man Rechtssouveränität und Selbstbehauptung gegen grosse Mächte erfolgreich durchkämpft. Allerdings müsste den Insulanern zunächst erklärt werden, wie diese Fähigkeiten, bei den Eidgenossen doch eigentlich seit 1291 vorhanden, nach mehr als 700 Jahren plötzlich spurlos verschwinden können.