48 Stunden später sollen alle Konfliktparteien die Kämpfe einstellen. Militärbeobachter der UNO sollen den Waffenstillstand überwachen.
Russland und China haben sich damit in die diplomatische Einheitsfront eingereiht, die den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad unter Druck setzt. Assad hatte am 25. März einen Sechs-Punkte-Plan des mit der Vermittlung betrauten früheren UNO-Generalsekretärs Kofi Annan angenommen, dessen Umsetzung aber hintertrieben. Die gemeinsame Erklärung der 15 Mitglieder des Sicherheitsrats ruft das Regime in Damaskus jetzt zu „dringenden und sichtbaren“ Taten auf, den Krieg zu beenden. Für den Fall, dass die syrischen Regierungstruppen den Stichtag des 10. April nicht respektieren, droht das höchste UNO-Gremium „weitere Schritte“ an.
Das ist ein Ultimatum. Um auch Russland und China einzubinden, die auf Ultimaten allergisch sind, machte der Westen einige kosmetische Zugeständnisse. Die „Forderung“ an die syrische Regierung wurde in dem Text zu einem „Aufruf“ abgeschwächt. Aus der „überprüfbaren“ Umsetzung des Friedensplans wurde eine „sichtbare“. An der Deutlichkeit der Aussage ändert diese Semantik aber nichts.
"Die Lage auf dem Terrain wird immer schlimmer"
Am Donnerstag traf eine Vorhut des UNO-Departements für Friedensoperationen unter Leitung des norwegischen Generals Robert Mood in Damaskus ein. Ihre Aufgabe ist, mit der syrischen Regierung die praktischen Details des Einsatzes von 200 bis 250 Militärbeobachtern auszuarbeiten. Die Anwerbung von Offizieren aus verschiedenen Ländern hat bereits begonnen. Für die Operation ist allerdings ein formeller Beschluss des Sicherheitsrats erforderlich.
Unter dem wachsenden internationalen Druck hat Assad bereits einigen Ballast abgeworfen. So liess er Annan mitteilen, dass die Regierungstruppen bereits drei Städte geräumt hätten: Daraa im Süden des Landes, Idlib im Nordwesten und den Kurort Zabadani in den Bergen nördlich von Damaskus. In anderen Gegenden geht die Unterdrückung der Aufstände jedoch unvermindert weiter. UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon erklärte am Donnerstag auf einer Sondersitzung der Generalversammlung: „Die Lage auf dem Terrain wird immer schlimmer.“
"Kristallklare" Garantien
Der Vertreter Syriens bei der UNO, Baschar Jaafari, machte für die Zunahme der Kämpfe „an einigen heissen Stellen“ die Opposition verantwortlich, die versuche, „in das Machtvakuum zu springen, das durch den bevorstehenden Abzug der Regierungstruppen entsteht“.
Jaafari verlangte von Annan sowie von Saudi-Arabien, der Türkei und anderen Staaten „kristallklare“ schriftliche Garantien, dass auch die Rebellen den Waffenstillstand respektieren. Solche Garantien seien „integraler Bestandteil“ der Abmachungen zwischen Annan und Assad, behauptet der syrische Botschafter.
Annans Sprecher Ahmad Fawzi gab am Donnerstag in Genf bekannt, sein Chef habe von den Oppositionsgruppen „positive Signale“ erhalten, dass auch sie am kommenden Dienstag die Kämpfe einstellen würden. „Am 10. April um null Uhr beginnt die Uhr zu ticken“, erklärte er, „48 Stunden später müssen die Waffen schweigen.“
Gefangenenbesuche
Laut Fawzy ist der Waffenstillstand „kein Ziel an sich“, sondern stelle nur die erste Etappe eines Friedens dar. Annan arbeite derzeit „an einer Formel, die für alle Seiten akzeptabel ist“. Diese Formel soll „den legitimen Bestrebungen und Sorgen des syrischen Volkes Rechnung tragen“. Am 11. April wird Annan nach Teheran fliegen, um auch den Iran als wichtigen Akteur im Nahen und Mittleren Osten für eine politische Lösung an Bord zu holen. Gegenwärtig ist der Iran der letzte verbliebene Verbündete des syrischen Regimes in der Region.
Ob das Zurückweichen des Assad-Regimes vor der geballten Kraft des Weltsicherheitsrats nur eine taktische Finte oder ein echten Einlenken bedeuten, werden die nächsten Tage oder Wochen zeigen. Die USA und Frankreich bleiben skeptisch. Einen Erfolg meldet das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). IKRK-Präsident Jakob Kellenberger brachte diese Woche ein Abkommen aus Damaskus zurück, wonach die unparteiische humanitäre Organisation ihre Tätigkeit in Syrien ausweiten darf. Unter anderen wurden die Prozeduren für die Betreuung politischer Häftlinge vereinbart. Die Gefangenenbesuche sollen demnächst im Zentralgefängnis von Aleppo beginnen.