Für Albert Alexandre Louis Pierre, Fürst von Monaco, ist seine Hochzeit vielleicht eine echte Liebesheirat, sicher aber auch ein ideales Marketing-Projekt. 200 000 Schaulustige werden erwartet, und die Hotels bieten Hochzeits-Specials an. Die Läden in Monte-Carlo verkaufen bereits offizielle Souvenirs, wobei der Schlüsselring für 25 Euro mit dem Monogramm AC, einem Krönlein und einem Herzchen am besten laufen soll. Doch auf der höheren Ebene der Festivitäten auf dem «Rocher» oben gibt es Big Business, hochkarätige Sponsoren, «Partner» genannt, die um des Ruhmes willen gratis oder günstig liefern:
Hochkarätige Sponsoren
Montblanc schuf einen juwelenbesetzten Schreibstift, mit dem die ziviile Heiratsurkunde im Thronsaal signiert wird. BMW stellt 200 Limousinen, je zur Hälfte in der Stretch- und der Standardversion, für den Transport illustrer Gäste zur Verfügung. Vom Hoflieferanten Lexus gibt es für den umweltbewussten Fürsten ein Hybrid-Cabrio, mit dem das Brautpaar nach der kirchlichen Trauung im Schlosshof zur Kirche der Otsheiligen St. Devote gefahren wird, wo die Neo-Fürstin ihr Brautbukett deponieren soll.
Die Köche der Fairmont Hotels von Monaco und Südafrika richten die Häppchen für die rund 4000 Monegassen, die am Freitag im Schlosshof nach der Ziviltrauung und vor dem Konzert von Jean Michel-Jarre im Port Hercules bewirtet werden. (Bereits am Donnerstagabend wird das Brautpaar der Bevölkerung im Stadion ein Konzert der «Eagles» offerieren.) Zur ansässigen Bevölkerung gehören immer weniger Franzosen, weil diese im Mutterland nunmehr Steuern bezahlen müssen.
350 Köche für das Galadiner
Alle diese Partnerschaften überstrahlt die Société des Bains de Mer, 1863 durch Charles III. gegründet und seither allgegenwärtig, wenn auch nicht mehr allmächtig, mit ihren Luxushotels «Hôtel de Paris» und «Hermitage», die für die Nobelgäste reserviert sind. Alain Ducasse, Dreisterne-Koch des «Louis XV» im «Hôtel de Paris», bereitet mit 350 Köchen das Galadîner am Samstagabend zu. Es findet samt Ball auf den Terrassen des Opernhauses statt, das zwar wie die grössere Schwester in Paris prunkvoll von Garnier erbaut wurde, aber eigentlich ein Erweiterungsbau des Spielcasinos ist.
Der Rotwein kommt aus Südafrika. Und während beiden Festtagen wird Champagner aus der Champions League kredenzt: Perrier-Jouët, dessen Ikone «Cuvée Belle Epoque» seit bald zehn Jahren am berühmten Rosenball von Monte Carlo gereicht wird. Das Champagnerhaus wurde vor 200 Jahren vom Liebespaar Pierre-Nicolas Perrier und Adèle Jouët gegründet. Ein passendes Getränk also für die fürstliche Hochzeit, für die eine eigene Cuvée geschaffen wurde.
Schwiegermutter jünger als der Bräutigam
Albert ist bereits 53, höchste Zeit, um eine legitime Familie zu gründen. Zwei uneheliche Kinder hat er schon, und es wird behauptet, dass sie an der Hochzeit ihres Zahlvaters teilnehmen dürfen. Yazmin Grace, Tochter einer kalifornischen Kellnerin, ist bereits 19, und Alexandre, Sohn einer togolesischen Flugbegleiterin, wird im August 8 Jahre alt. (Als er zur Welt kam, kannte sein Vater Charlene bereits seit drei Jahren.) Alberts bisherige Nachkommen sind als Thronfolger inakzeptabel, weil solche in Monaco aus einer katholisch geschlossenen Ehe stammen müssen.
Diese Zeremonien finden nun also am 1. und 2. Juli statt, jeweils um 17 Uhr. Die 20 Jahre jüngere südafrikanische Goldmedaillen-Schwimmerin Charlene Wittstock ist zum Katholizismus konvertiert. Sie wird anlässlich der Ziviltrauung am 1. Juli, 55 Jahre nach dem amerikanischen Film-Superstar Grace Kelly, Mitglied der Familie Grimaldi und Fürstin von Monaco. Und damit erhält Albert eine Schwiegermutter, die um ein Jahr jünger ist als er. Die frühere Schwimmlehrerin Lynette Wittstock wurde 1959 geboren, ihr Mann Michael Wittstock 1946.
Die Thronfolge der Familie Grimaldi, die seit 1297, als François I. als Mönch verkleidet die genuesische Festung stürmte, eine hochdramatische Geschichte erlebte, wäre allerdings auch ohne die Heirat des Fürsten gesichert gewesen. Als der Thronfolger keine Anstalten traf, endlich zu heiraten, änderte der verwitwete Fürst Rainier III. (Fürstin Grace hatte 1982 bei einem Autounfall ihr Leben verloren) kurzerhand das Erbfolgegesetz, auf dass Monaco nicht zum französischen Protektorat werde. Nun sind auch weibliche Familienmitglieder und deren Nachkommen zur Thronfolge zugelassen, sogar bürgerliche. Bis zur Geburt eines ehelichen Erbprinzen sichern Caroline, die ältere Schwester des Fürsten, und deren Söhne Andrea und Pierre die Thronfolge.
Wilde Schwestern
Charlene und Albert haben erklärt, dass sie sich bald Kinder wünschen. Es ist fast anzunehmen, dass seit 1957, der Geburt von Caroline, wieder einmal ein regulär ehelich gezeugtes fürstliches Baby als erstes Kind zur Welt kommen wird. Das war seit Jahrzehnten nicht mehr üblich gewesen. Albert ist, wie erwähnt, Vater von zwei unehelichen Kindern, die er nach einigen Wirrnissen auch anerkannte. Seine beiden wilden Schwestern trieben es allerdings noch bedeutend bunter.
Prinzessin Caroline brachte es zwar fertig, dass ihre kurze, kinderlose Ehe mit dem Pariser Playboy Philippe Junod einige Jahre nach der zivilen Scheidung vom Vatikan annulliert wurde. Aber nachdem sie im Dezember 1983 den Italiener Stefano Casiraghi im Thronsaal des fürstlichen Palastes zu Monaco geehelicht hatte, dauerte es lediglich sechs Monate bis zur Geburt von Andrea, aktuell Thronfolger Nr. 2. Casiraghi starb 1990 während eines Bootsrennens und hinterliess Caroline mit drei bildschönen Kindern.
Im Januar 1999 wurde aus Caroline eine königliche Hoheit, als sie Ernst August von Hannover heiratete. Ihre Tochter Alexandra kam wieder exakt sechs Monate nach der Eheschliessung zur Welt.
Prinzessin Stephanie durfte sich ohne Rücksicht auf den Fürstenthron mit dem niederen Volk vergnügen. Ihren Leibwächter heiratete sie erst, nachdem ihre beiden Kinder bereits auf der Welt waren, und liess sich ein Jahr später von ihm scheiden, als ihn eindeutige Fotos des Ehebruchs überführten. Auch mit einem Zirkusartisten hielt sie die Ehebande nicht länger aus. Mit dem Schweizer Zirkusdirektor Franco Knie tourte sie eine Weile im Wohnwagen. Die Abkunft ihres dritten Kindes, einer Tochter, wird nicht näher beschrieben.
Studieren oder Brillieren
Caroline besitzt ein Lizenziat der Sorbonne. Stephanie absolvierte ein Praktikum im Modehaus Dior; von ihrer eigenen Bademodelinie bleibt allerdings nur der wirklich erstklassige Name «Pool Position» in Erinnerung. Auch ihrer Laufbahn als Sängerin war kein langes Leben beschieden. Albert erhielt 1981 nach vier Jahren Studium in den USA ein Lizenziat in politischen Wissenschaften. Er hatte auch musische Fächer belegt und ging 1979 in den Semesterferien mit dem Chor seines Colleges auf Tournee. Ein halbes Jahr lang schnupperte der Thronfolger anschliessend auf dem französischen Helikopterträger «Jeanne d’Arc» als Junior-Offizier und erwarb im Rekordtempo den Rang eines Kapitäns der Reserve. Albert arbeitete sich in die Geschäfte des Fürstentums ein, kümmerte sich um Nachhaltigkeit und Ökologie und leitet die monegassischen Delegationen im Europarat und an der Generalversammlung der Unot.
Dreifache Weltmeisterin
Charlene, 33, schmiss ziemlich bald die Schule, weil sie lieber schwimmen wollte. 1996, mit 18 Jahren, wurde sie südafrikanische Meisterin. 2000, an den Olympischen Sommerspielen von Sydney, errang sie mit ihrem Team Platz 5. Aber im gleichen Jahr gewann sie gleich doppelt Gold: Für 200 Meter Rückenschwimmen im Wettbewerb «Marenostrum» in Monte Carlo, und für ihre Bekanntschaft dortselbst mit dem Erbprinzen Albert. Doch das Schwimmen ging weiter: 2002 wurde Charlene Wittstock dreimal Weltmeisterin, über 50 und 100 Meter Crawl und in der Stafette 4x100 Meter. Mit der Stafette gab es Silber an den Commonwealth-Spielen in Manchester.
2006 wurde klar, dass es eine Beziehung zum Fürsten von Monaco gab: Er lud Charlene an die Olympischen Winterspiele in Turin ein, und dort wurde ungeniert geturtelt. Das bedeutete das Ende der Schwimmkarriere.
2007 quaifizierte sich die Südafrikanerin zwar für die Olympischen Sommerspiele von Beijing, aber sie erklärte noch vorher den Rücktritt vom aktiven Sport. Dafür büffelte sie Französisch. Und sie zeigte fortan ihre athletische Figur mit den geraden Schwimmerinnen-Schultern in atemberaubenden Abend- statt in Badekleidern – sie muss, nicht erst seit der offiziellen Verlobung, über ein gigantisches Kleiderbudget verfügen. Wie sonst könnte das Sportsgirl als ihre Lieblingsdesigner Albert Kriemler (Akris) aus St. Gallen und Giorgio Armani nennen? Von Akris stammte u.a. das Outfit an der Hochzeit von Prinz William mit Kate Middleton. Und Armani darf Charlenes Hochzeitsrobe vom 2. Juli schneidern.
Der Fürst, heisst es, könnte die Sommeruniform der monegassischen «Carainiers» tragen, wenn Monseigneur Bernard Barsi, Erzbischof von Monaco, im Ehrenhof des Palastes die Brautmesse zelebriert. «Monseigneur» lautet übrigens auch die Anrede des Fürsten, sobald man ihn pflichtschuldigst einmal mit «Votre Altesse» angesprochen hat.
Sportliche Tradition
Albert nahm fünfmal mit der monegassischen Bobmannschaft an Olympischen Spielen teil (erinnert irgendwie an den Film «Cool Runnings»). Die beste Platzierung schaffte er 1988 mit einem 25. Rang im Zweierbob. Sein amerikanischer Grossvater und sein Onkel, beide mit dem Namen John B. Kelly, gewannen dagegen olympische Medaillen, und zwar im Rudern. Monte Carlo ist Schauplatz grosser Sportanlässe, nicht zuletzt eines Formel-1-Rennens. Albert ist Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), und deshalb düsen die Frischvermählten nach der Hochzeit nach Südafrika, wo eine Sitzung des IOC stattfindet. Charlene ist seit 2010 für die Special Olympics tätig und wurde dieses Jahr zu deren Weltbotschafterin ernannt.
Sport wird ein gemeinsames Thema des fürstlichen Ehepaars bleiben. Noch ist nicht ganz offensichtlich, ob Charlene sich als Landesmutter wohl fühlt oder ob sie «schwimmt». Schwierig wird es sein, eine eigene Beschäftigung zu finden, denn sie wird sich weder um Haushalt noch um Kinder kümmern müssen. Die meisten prestigeträchtigen Chargen im Mini-Fürstentum sind allerdings bereits durch ihre Schwägerinnen besetzt. Für Charlene gab es bisher nur Brosamen. Seit 2009 ist sie Ehrenpräsidentin des «Ladies Lunch von Monte-Carlo». Kein abendfüllendes Progamm. Aber immerhin amtiert sie seit 2010 ausser bei Special Olympics im Patronat der Nelson Mandela Foundation.
Altesse Sérénissime
Vorläufig muss Charlene Wittstock als Fürstin aber auch noch vertraut werden mit ihrer neuen Anrede «Altesse Sérénissime» (durchlauchtigste Hoheit) und mit den vielen Titeln ihres Mannes: Prince Souverain de Monaco, Duc de Valentinois, Marquis des Baux, Comte de Carladès, Baron du Buis, Seigneur de Saint-Rémy, Sire de Matignon, Comte de Torigni, Baron de Saint-Lô, de la Luthumière et de Hambye, Duc d'Estouteville, de Mazarin et de Mayenne, Prince de Château-Porcien, Comte de Ferrette, de Belfort, de Thann et de Rosemont, Baron d'Altkirch, Seigneur d'Isenheim, Marquis de Chilly, Comte de Longjumeau, Baron de Massy, Marquis de Guiscard.