Man soll Unglücksraben, Pech im Beruf, Pech im Fernsehen, Pech in der Karriere, Pech in der Liebe, eigentlich bedauern. Deshalb hier kein Wort zu all den Fettnäpfchen, in die der Brachial-Rhetoriker der SVP in den letzten Wochen und Monaten reingetreten ist. Sondern ein Loblied auf den Verteidiger eines fürsorglichen Staats. Das mag beim Programmchef der eher staatsfeindlich eingestellten SVP überraschen, ist aber so.
Nicht kleckern, klotzen
Titularprofessor Mörgeli ist ja weiterhin Nationalrat. Unerschrocken kämpft er als Parlamentarier, ich zitiere von seiner Webseite, gegen «die Linken». Denn «“Geld her!“ – lautet ihre Devise.» Da ist es doch erstaunlich, dass auch der entschiedene Gegner von allen Versuchen, den Staat als Milchkuh und Subventionsverteiler (ausser bei Bauern) zu missbrauchen, staatliche Unterstützung für die Privatwirtschaft fordert. Nicht kleckern, klotzen ist dabei sogar Mörgelis Devise, er will gleich Milliarden. Wie das?
Geld her!
In einer parlamentarischen Initiative forderte NR Mörgeli «eine Beteiligung des Bundes an der Bereinigung des Steuerstreits mit den USA». Nein, er meinte damit nicht das unsägliche Ringen um eine «Globallösung». Er will Geld sehen, einen grossen Haufen Geld. Mörgeli verlangte, der Schweizer Staat solle «einen namhaften Anteil der mit den USA ausgehandelten Summen bezahlen. ... Ich denke an ungefähr die Hälfte.» Wohlgemerkt, laut Mörgeli soll sich unser Staat an Bussen und Rückzahlungen beteiligen, die sich Schweizer Banken in den USA eingebrockt haben. Ich hoffe, das Beispiel macht nicht Schule. Sonst könnte ja jeder eine staatliche Beteiligung an einer im Ausland angefallenen Verkehrsbusse fordern.
Hübsche Begründung
Aber Mörgeli treibt es noch bunter. Woher soll das Geld denn kommen, das der Schweizer Staat den Banken schenken soll? Doch wohl nicht, Gott sei bei uns, durch eine Sondersteuer, eine weitere linke Gefährdung des Privateigentums? Nein: «Allein in den Jahren seit 1990 hat der Bund netto 75 Milliarden Franken an Verrechnungssteuern eingenommen. Diese Strategie hält bis heute an, und ich nenne sie eine staatlich begünstigte Schwarzgeldstrategie», führte der Nationalrat zur Begründung seiner Initiative aus.
Ich bin erschüttert. Mörgeli will nicht nur Staatsknete in Milliardenhöhe, er begründet diese Forderung auch noch damit, dass Schwarzgeldbunkern in der Schweiz allgemeiner Volkssport sei, der zudem vom Schweizer Staat begünstigt werde. Das wäre ja, schluck, Beihilfe zu Steuerhinterziehung. Ist immerhin hierzulande kein Straftatbestand, aber müsste sich der Bund nicht wenigstens selber büssen?
Finanzspezialist Mörgeli
Eines muss man dem bisher noch nicht durch vertiefte ökonomische Kenntnisse aufgefallenen SVP-Sturmgeschütz lassen: Wenn er mal Gas gibt, dann richtig. Nicht nur, wenn er sich im Prozentrechnen kriminell blamiert. Denn er schloss seinen Antrag so ab: «Ich meine, das ist eine faire Lösung für beide Seiten: Der Bund kann etwas zurückgeben, wovon er profitiert hat, und die Banken geben ebenfalls etwas für mögliche ungeschickte Geschäfte, vielleicht auch illegale Geschäfte.»
Schweizer Staat und Schweizer Banken sind also vereint mit Beihilfe zu Steuerhinterziehung unterwegs und teilen sich brüderlich die Kosten. Wenn sich diese klare Ansicht des SVP-Programmchefs im Ausland rumspricht, meiner Treu. Da können wir nur beten, dass der SVP-Verteidigungsminister Maurer noch rechtzeitig die «beste Armee der Welt» gebacken kriegt.
Mörgelis Schicksal
Unverständlicherweise hat aber der Nationalrat, obwohl er doch eigentlich von ausgabefreudigen Netten und Linken dominiert wird, am 21. März 2013 diese parlamentarische Initiative mit 34 gegen 122 Stimmen bachab geschickt. Nun müssen wir uns nicht wundern, dass im Schweizer Bankensystem Arbeitsplätze verloren gehen – befürchtet Mörgeli –, wie es halt «in der Erhaltung einer leistungsfähigen Marktwirtschaft» – für die sich Mörgeli einsetzt – so üblich ist, wenn ein Geschäftsmodell Schiffbruch erleidet.
Wir kommen zur Einleitung dieses kleinen Ausflugs in die nicht ganz widerspruchsfreie Gedankenwelt des Christoph Mörgeli zurück. Unglücksrabe bleibt Unglücksrabe, da mag er auch noch so laut krähen. Die gute Nachricht für ihn zum Schluss: Wirklich niemand will an einem Unglücksraben Rufmord verüben.