So lange die Gefahr von Energiemangel oder gar Blackouts nicht als akut wahrgenommen wird, hapert es mit dem Sparen und Vorsorgen. Solche Blindheit zeigen viele Privatpersonen. Auch die Wirtschaft hat bislang wenig für Resilienz im Krisenfall übriggehabt.
Heute wird zu Vorbereitungen für Blackouts geraten. Geplante terminierte Stromunterbrüche gelten für den kommenden Winter als zumindest nicht unwahrscheinlich, und selbst grossflächige Zusammenbrüche der Energieversorgung können nicht ausgeschlossen werden. So gilt es denn, Wasser-, Nahrungs- und Medikamentenvorräte anzulegen, für Notbeleuchtung und eine Kochmöglichkeit zu sorgen und die Umstellung auf Überlebensmodus wenigstens mental zu trainieren. Das Magazin der Tamedia-Zeitungen und der Wochenende-Bund der NZZ haben ihre Leserinnen und Leser vorgestern auf das Blackout-Szenario eingestimmt.
Notwendig sind solch eindringliche Informationen ganz offensichtlich. Der Schreibende hat bei sich selbst das Widerstreben gegen die empfohlenen Notfallvorbereitungen festgestellt. So lange die Gefahr nicht akut ist, halten sich viele an das Prinzip, es werde, falls die Kalamität wider Erwarten doch eintrete, dann schon irgendwie gehen. Es braucht Überzeugungsarbeit, um uns wohlversorgte Menschen zur präventiven Sicherung unseres Lebensbedarfs zu bewegen. Wie Untersuchungen zeigen, hat denn auch eine Mehrheit bislang nur ungenügend oder überhaupt nicht vorgesorgt.
Die Haltung, es werde schon irgendwie gehen, scheint auch in der Wirtschaft und insbesondere bei Energieversorgern bis vor Kurzem durchaus gängig gewesen zu sein. So hat sich die Schweizer Gaswirtschaft auf ein Abkommen mit deutschen Vertragspartnern gestützt, wonach bei Mangel die Schweiz aus deutschen Gasspeichern versorgt würde – was sich bei europaweiter Knappheit vermutlich als Scheinsicherheit erweisen dürfte. Schweizer Stromkonzerne haben in der jüngsten Vergangenheit lieber in die Expansion ihrer Geschäftstätigkeit und in angeblich lohnende Übernahmen ausländischer Unternehmen als in eine krisenfeste Aufstellung ihres inländischen Kerngeschäfts investiert. Für die Stakeholder und das Management war eine die Phantasien beflügelnde Strategie offenkundig attraktiver als der solide Aufbau von Widerstandskraft gegen die nie auszuschliessende Unbill von Katastrophen und Kriegen.
Resilienz erfordert Ressourcen und bindet diese in Form von Solidität und Standfestigkeit. Das Anlegen und Horten von Reserven aber galt in der Hochblüte der globalisierten und finanzgetriebenen Wirtschaft als rückständig. Wer nicht aufs Maximieren von Gewinnen aus war, nicht konsequent den Vorwärtsgang einlegte und Belegschaften ausdünnte, handelte sich den Vorwurf ein, den Job nicht richtig zu machen. Risiken sah man mehr im drohenden Zurückfallen beim Wettbewerb mit Konkurrenten als bei den realen Bedingungen für die Geschäftstätigkeit. Was letztere betraf, scheint die Haltung vorgeherrscht zu haben, es werde im Falle von Kalamitäten dann schon irgendwie gehen. Allenfalls würde ja der Staat die Unternehmen aus der Not retten, wenn diese «too big to fail» wären.
Vermutlich sind wir – Privatpersonen, Wirtschaft und Politik – gerade dabei, einen neuen Umgang mit Risiken zu lernen. Damit wir die nötigen Lernkurven kriegen, muss uns eindringlich vor Augen geführt werden, was uns drohen könnte. Blackout ist ein anschauliches Wort hierfür. Es ist zu hoffen, dass er schon als Wort und Vorstellung die nötige Wirkung erzielt und wir das Vorsorgen nicht auf die harte Tour lernen müssen.