Spätestens seit der Abstimmung zur Rentenreform „Altersvorsorge 2020“ sollte es uns beschäftigen, welche Rolle so genannte „Plan Bs“ im politischen Geschäft spielen, oder eben nicht, beziehungsweise ob es nicht langsam an der Zeit wäre, eine neue Kultur des „Plan A“ zu entwickeln, damit das politische Geschehen nicht zur absoluten Blockade verkommt. Der viel gerühmte „Plan B“ der bürgerlichen Rechten zur „Altersvorsorge 2020“ dominierte den Abstimmungskampf und führte letzten Endes zum Scheitern der wichtigsten Reform dieses Jahrzehnts.
Im Abstimmungskampf um die „Unternehmenssteuerreform III“ hat die linke Gegnerschaft ihr Ziel eines Volks-Neins erreicht, indem Sie lauthals einen Plan B versprochen hat. Einen solchen hat es aber nie gegeben oder dann lediglich in Form von selbst innerhalb der Linken nicht konsolidierten Ideen, die von Anfang an chancenlos gewesen waren.
Auch die EWR-Abstimmung von 1992 wurde von einem Plan B dominiert: Die damaligen Gegner forderten als „Plan B“ die Bilateralen. Leider wird dieser von denselben Gegnern heute bekämpft. Verhinderungspolitik pur.
Plan B bei der Altersvorsorge 2020
Nicht jeder Plan B ist ein solcher, was sich am Beispiel Rentenreform gut erkennen lässt: Plan A war der Plan von Bundesrat und Parlament, die 1. und die 2. Säule getrennt zu reformieren, getrennt dem Stimmvolk vorzulegen. Das Volk sagte Nein, weshalb Bundesrat und Parlament den Plan B erarbeiteten, die „Altersvorsorge 2020“.
Dieser Plan B scheiterte unter anderem daran, dass die bürgerlichen Parteien als Alternative einen „effizienten“ und „raschen“ „Plan B“ versprachen, was streng genommen ein „Plan C“ gewesen wäre. Heute wissen wir alle, dass es nie einen solchen „Plan B“ oder „Plan C“ gegeben hat. Eine seriöse Auseinandersetzung mit einer Abstimmungsvorlage sieht anders aus. Noch schlimmer: Das Fehlen des ominösen „Plan B“ (eigentlich Plan C) zieht massive finanzielle Verluste nach sich. Tag für Tag. Sparen sieht anders aus.
Plan A für die Schweiz in Europa
Ein „Plan B“ sollte nur dann zum Zuge kommen, wenn der „Plan A“ gescheitert ist, wie dies bei der Abstimmung zum EWR-Beitritt 1992 der Fall war. Hier waren es namentlich die Gegner des EWR, welche einen Plan B forderten, nämlich bilaterale Verträge mit der EU. Und in der Tat: Nach dem Nein zum EWR-Beitritt blieb der Schweiz keine andere Wahl: Sie sah sich gezwungen, in schwierigen, langwierigen und kräfteraubenden Verhandlungen die Bilateralen Verträge auszuhandeln.
Dieser Plan B wurde seither in mehreren Volksabstimmungen bestätigt, obwohl die Gegner des EWR kategorisch ihren eigenen Plan B bekämpfen. Noch besser:
Jetzt sollen die Bilateralen mit einer Volksinitiative sogar ganz beseitigt werden, Volkswille hin oder her.
Und der Bundesrat? Der Bundesrat unterbreitet uns einen „Plan B“ zur Börsenäquivalenz, was sicher keine brillante Entwicklung bedeutet:
Mangels Vision einer Europapolitik, welche die Schweiz weiterbringen könnte und aktuelle Probleme angeht und löst, befasst sich der Bundesrat mit möglichen Reaktionen auf angedeutete Massnahmen der EU, falls das Rahmenabkommen scheitern sollte. Dass dies weitere Massnahmen von EU-Seite inkl. Gegenmassnahmen unsererseits nach sich ziehen könnte und wir uns damit in Teufelsküche begeben, scheint dabei zumindest vordergründig unterzugehen.
Dieser Plan B ist mehr Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit im Dossier als eine sinnvolle Problemlösung, und er wirft die Frage auf, ob der Bundesrat seine Führungsfunktion genügend wahrnimmt. Denn: entweder möchte der Bundesrat den aktuellen Plan B, die bilateralen Verträge weiterführen, wofür er bereit sein muss, die innenpolitisch notwendigen Schritte in die Wege zu leiten und nicht aussenpolitisch eine Kaskade von Reaktion vs. Gegenreaktion zu provozieren. Oder aber er entscheidet sich dafür, den ursprünglichen Plan B aufzugeben.
Dann muss er aber einen Plan C (sowie eine Strategie dazu) entwickeln, der innenpolitisch mehrheitsfähig ist und der die aktuellen Herausforderungen lösen kann. Es wird Zeit, dass ein visionärer Gesamtbundesrat das Heft in die Hand nimmt und selbstbewusst einen Plan A für die Schweiz in Europa präsentiert. Ein institutionelles Rahmenabkommen als langfristiger, uniformer und effizienter Mechanismus, welcher die bilateralen Verträge sicherstellt, kann dabei nur das Minimalziel sein. Mit einem fiktiven Reset-Knopf ist es auf jeden Fall nicht getan.