„Ich habe meinen Gesprächspartnern sehr sorgfältig zugehört, verstehe voll ihre Sorgen und schätze die Tiefe ihrer Gefühle“, erklärte er nach seiner Rückkehr nach New York vor der Presse.
Ban entschuldigte sich bei Kagame dafür, dass eine Rohfassung des Berichts einigen europäischen Zeitungen zugespielt wurde. Darin werden die ruandischen Streitkräfte schwerer Kriegsverbrechen im benachbarten Kongo beschuldigt. Seine Autoren sinnieren, ob ein internationaler Gerichtshof diese Vorgänge nicht als Völkermord einstufen würde.
Wegen des Einspruchs der ruandischen Regierung ist die Veröffentlichung des fast 600 Seiten starke Berichts über die Zeit zwischen 1993 und 2003 auf den 1. Oktober verschoben wurden.
Zensurierter Bericht?
Ruanda erhält die Möglichkeit, seine eigene Darstellung beizusteuern. Ein Sprecher des Hochkommissariats für Menschenrechte in Genf beteuerte, dass Ban Ki-Moon keinen Einfluss auf die Endfassung des Berichts nehmen werde. Ob die Zensur wirklich ausbleibt, wird sich erst nächsten Monat herausstellen.
Ruanda hat gedroht, seine Truppen aus allen Friedensoperationen der UNO abzuziehen. Damit will die Regierung in Kigali erreichen, dass der Bericht entweder zurückgezogen oder zumindest umgeschrieben wird. Derzeit dienen fast 4000 ruandische Soldaten und Polizisten unter dem Banner der UNO in Darfur, im Süd-Sudan, in Tschad, der Zentralafrikanischen Republik und in Liberia.
Kampferprobte Truppen
Ihr Abzug wäre schwer zu verkraften, denn die aus der von den USA ausgerüsteten „Tutsi-Legion“ hervorgegangene „Patriotische Armee Ruandas“ ist kampferprobt, diszipliniert und gut bewaffnet. Mit anderen Truppenkontingenten hat die UNO Schwierigkeiten.
Den Grossteil der 124.000 Blauhelme, die heute in 16 Operationen rund um die Welt eingesetzt sind, stellen der Reihenfolge nach Bangladesch, Pakistan, Indien, Nigeria, Ägypten und Nepal. Oft handelt es sich dabei um schlecht ausgebildete und unmotivierte „Billigsoldaten“.
Ban Ki-Moon versicherte Kagame, dass „die Rolle der ruandischen Truppen in den Friedensmissionen der UNO eindeutig bleibt“. Speziell betonte der UNO-Generalsekretär die Bedeutung der ruandischen Militärs im Sud-Sudan, wo die Weltorganisation ein für Januar 2011 geplantes Referendum über die Selbstbestimmung der Einwohner vorbereitet.
Wie stark ihm die Gunst Kagames am Herzen liegt, bezeugte Ban, indem er sich auf dem Trip nach Kigali von hochrangigen Mitarbeitern begleiten liess: dem für die Friedensoperationen zuständigen Unter-Generalsekretär Alain LeRoy, dem Unter-Generalsekretär für Menschenrechte Ivan Simonovic und seinem Sonderbeauftragten in der Demokratischen Republik Kongo, Roger Meece. Auf der anderen Seite nahmen die ruandische Aussenministerin sowie der Justiz- und der Finanzminister an den Gesprächen teil.
Drohung nicht ernst genommen
„Präsident Kagame und ich kamen überein, dass des für Ruanda extrem wichtig ist, seine Rolle in Friedensoperationen fortzusetzen“, erklärte Ban Ki-Moon am Donnerstagabend. In UNO-Kreisen wird die Drohung Kagames mit dem Ausscheren ohnehin nicht ganz ernst genommen.
Erstens liegt ein solcher Rückzug nicht im nationalen Interesse Ruandas, das eine Vormachtstellung in der Region der Grossen Seen anstrebt. Zweitens stelle die Bereitstellung von Blauhelmen für Ruanda wie für andere arme Länder eine wichtige Einkommensquelle dar. Die UNO zahlt nämlich eine pauschale Vergütung an die Regierungen, die nur einen kleinen Teil davon an ihre Soldaten weitergeben.