Meines Wissens führt derzeit unangefochten noch immer mit 828 Metern der Burj Khalifa in Dubai. Die südchinesische Metropole Guangzhou belegt mit dem 600 Meter hohen Canton Tower die Weltnummer 2, gefolgt vom 508 Meter hohen Taipei 101-Wolkenkratzer in der Hauptstadt von Chinas "abtrünniger Provinz" Taiwan.
China richtet mit der ganz grossen Kelle an
Aber all das kann, ja wird sich schon sehr bald ändern. Vor fast einem Jahr wurde in der zentral-chinesischen Industriestadt Wuhan der Grundstein gelegt für ein 606 Meter hohes Geschäftshaus mit einer Investition von umgerechnet 4,5 Milliarden Franken. Allerdings richten in China noch andere Kommunen mit der ganz grossen Kelle an. Prestige ist schliesslich Prestige.
Shanghai lässt sich nicht lumpen. Seit November 2008 ist der Shanghai Tower im Bau, der dereinst bei 121 Stochwerken 632 Meter in den umweltverschmutzten Himmel der Finanz- und Wirtschaftsmetropole ragen wird. Ähnlich hoch dürfte ein Megaprojekt in der Boom-Stadt Shenzhen bei Honkong werden.
Tausend Meter hoch und mehr
Im übrigen sind auf den computerisierten Reisbrettern von Architekten bereits Ungtüme von tausend und mehr Metern entworfen. Die Zahlen-verliebten Chinesen weisen darauf hin, dass im Reich der Mitte rund zehn über 400 Merer hohe Wolkenkratzer und 200 über zweihundert Meter Hochhäuser stehen.
Ungleich der Schweiz werden unter zweihundert Meter hohe Gebäude nicht mal mehr in den Spalten der Lokalpresse erwähnt.
Nicht der Aufarbeitung der Statistik wegen wird hier das Thema Wolkenkratzer nochmals aufgenommen. Es ist vielmehr so, dass im Zentralen Geschäftsviertel Pekings (CBD oder auf Neudeutsch und Neuchinesisch Central Business Distrikt...) noch im September Honoratioren einen Spatenstich mit Folgen tätigen werden. Folgen für mich. Vom Hochsitz meiner 110 Meter hochgelegenen CBD-Wohnung rückt mir der ganze Hochhaus-Wettbewerb sozusagen auf den Pelz.
In Shanghai lacht man sich über 330 Meter kaputt
In Peking ragt inmitten von bis zu 150 Meter hohen Gebäuden Rem Kolhaas' berühmt-bizarres CCTV-Fernsehzentrum (250 m) in den Himmel, und vis-à-vis steht der Nummer-3-Turm des Pekinger World Tade Centers, mit 330 Metern das derzeit höchste Konstrukt der chinesischen Hauptstadt.
Natürlich lacht man sich in Shanghai über 330 Meter fast kaputt, schliesslich wird die Skyline der Finanzmetrople neben dem im Bau befindlichen Shanghai Tower (632 m) bereits vom World Financial Center (492 Meter hoch, derzeit weltweit Nr. 6), dem Oriental Pearl TV Tower (468 m, Nr. 8) und dem Jin Mao Wolkenkratzer (421 m, Nr. 16) geprägt.
Den Shanghaiern wird das Lachen bald vergehen, davon sind die Pekinger fest überzeugt. Der Spatenstich nämlich ist für einen Wolkenkratzer der staatlichen CITIC Group "Financial Services und Investment" bestimmt. Die 1979 vom "roten Kapitalisten" Rong Yiren mit der ausdrücklichen Zustimmung Deng Xiaopings, dem "Architekten der Reform", gegründete Gesellschaft lässt sich das ganze etwas kosten. Allein für die Landnutzungsrechte liess CITIC bei der Auktion im vergangenen Dezember 3,6 Milliarden Yuan (umgerechnet rund 500 Millionen Schweizer Franken) springen. Die Baukosten des auf 510 Meter Höhe und 104 Stockwerke geplanten Wolkenkratzers wird Milliarden verschlingen. Bauzeit voraussichtlich fünf Jahre. Das CITIC-Hochhaus wird zwar nicht die Nummer 1, dennoch aber, wenn anderswo nicht Gas gegeben wird, weltweit in den Top-20 landen.
Architektonisch jedenfalls wird das Projekt Aufsehen erregen. Es ist die Nachbildung eines chinesischen Ritualgefässes, ein Kelch. Im Wald der postmodernen CBD-Hochhäuser gewiss eine willkommene Auflockerung. Der Schweizer Architekt Jan Bosshard würde, durchstreifte er nochmals Peking, sein Bonmot gebrauchen, dass nämlich ein Architekt sich wieder einmal einen Buben-Traum erfüllt habe......