Roger Rightwing brach das Interview ab, hinterliess aber einen selbst geschrieben Text über sein erstes Treffen mit Marie-Lou. Die Frauenzeitschrift Barbarella hat nach Abbruch des Interviews auf eine Publikation verzichtet. Barbarella wird hingegen bald ein geglücktes Interview mit Marie-Lou Rightwing veröffentlichen.
Uns liegt Roger Rightwings Text vor, den wir an dieser Stelle gerne publizieren.
“Es war ein schöner Maitag, schon sommerlich. Ich erkannte sie sofort, wie sie an einem Geländer bei der Anlegestelle der Zürichseeschiffe stand, in einem eleganten zitronengelben Kleid, auf das die langen gewellten Haare fielen. War dieses Blond echt? Ich hatte bisher nur ein Foto von ihr auf der Website Important People gesehen. Mit einer leichten Verbeugung stellte ich mich vor: ‘Guten Tag, Madame, ich bin es: Roger Rightwing!’ Nein, sie sagte nicht: ‘Das habe ich befürchtet!’ Sie zwinkerte mit den Augen und hauchte: ‘Wie habe ich in meinem Inneren gebetet, dass Sie es sind, als ich diesen jungen Mann mit federnden Schritten vom Bürkliplatz her kommen sah.’
Ich merkte: Bei Marie-Lou war es Liebe auf den ersten Blick. In unseren Chats auf Important People habe ich nur nach und nach und keineswegs vollständig verraten, wie meinungsbildend ich in diesem Land bin. Marie-Lou schaut kaum die massgebenden Sendungen an - sie ist Australierin -, so dass sie überhaupt nicht einschätzen konnte, mit welchem Kaliber von Mann sie es zu tun hatte. Sie würde staunen, wenn ich ihr von Dark Vader, vom Finanzmagnaten Passavanti, vom Chef der IAAP Magnus Richter und von allen anderen berichten würde, die ich persönlich kenne. Sie würde im Internet nachsehen, auf Wikipedia, in der Datenbank der Schweizerischen Depeschenagentur - und sie würde sehen: Der taugt was.
Das Schiff fuhr nun Richtung Erlenbach, der Goldküste entlang. Ich hatte Gelegenheit, auf die paar Villen zu zeigen, deren Besitzer ich kenne. Ihre Augen glänzten: Für Marie-Lou, deren Vater gerade mal ein kleiner Bauunternehmer mit fünfzig Angestellten ist, war das eine neue Welt.
‘An so einem Ort zu wohnen‘, sagte sie, ‘das muss herrlich sein. In Melbourne haben wir viel Schönes, aber all die Ausrangierten, die da herumlungern. Betrunkene, Verarmte, Bettler. Die haben unglaublich zugenommen, es deprimiert einen. Es ist feige, vor dem Anblick der Armut zu fliehen, aber ändern kann man es auch nicht.’
Wie süss! Sie hatte das natürlich nur gesagt, um mir die Möglichkeit zu geben, ihr eine ganz andere Zukunft zu eröffnen.
‘Weisst du, in der Gegend, die wir gerade abfahren, leben keine Armen oder Verlausten. Die Mietzinse sind so hoch, dass nur Millionäre hinkommen. Erwischt die Polizei hier einen Armengenössigen, wird er gleich in seine Heimatgemeinde abgeschoben. Mit Blaulicht. In der Schweiz gibt es noch echte Oasen.’
Sie schlang ihre Arme um mich und gab mir einen dicken Kuss. Diese Heftigkeit, die mich überraschte, konnte ich so nicht erwidern. Zu viele Frauen haben bisher versucht, sich den ‘Nummer-Eins-Kommentator der Schweiz’ - so hat mich die Zeitung Welt in Deutschland definiert - zu angeln.
Und doch: Ich spürte, dass die Zuneigung spontan war, ganz echt und kindlich.
Ich hörte ihr lange zu, wie sie von ihrer Familie in Melbourne sprach, von ihrem Bruder, der gerade einen Surfclub eröffnet, von ihrer Schwester, die sich mit Mel Gibsons ältestem Sohn verlobt hatte. Ja, das schien mir eine angenehme Familie zu sein. Ganz Arbeit, Cricket und Grill im Garten. Echte White Anglo Saxons ohne Komplexe, denn dort müssen ja alle Weissen vor den Aborigines-Organisationen zu Kreuze kriechen wie wir hier in der Schweiz vor den Organisationen der Lesben, Schwulen, Grünen und Emanzen.
Mich interessiert Rassenreinheit hinten und vorne nicht, aber in der Seele muss man rein sein. Und Marie-Lous Seele roch… wie ein weisses reines Laken.
Der Wind strich durch unsere Haare, der See lächelte und lud zum Bade - doch das Wasser war noch zu kühl -, wir assen in Küsnacht im Restaurant Sonne, Marie-Lou sprach und sprach, ich hörte zu. Man muss Frauen reden lassen. Jeder Mann, der sich beim ersten Date vor ihnen aufbläst, hat verloren.
Und wie sie sich die blonden Haare hinter die weichen Ohren strich! Und diese Marmorhaut, wie die einer englischen Herzogin! Dieses gerade Mündchen, die nur blass erkennbaren Sommersprösschen! Ah, diese Frau an meiner Seite! Und ich an ihrer! Che bella figura, wie der Lateiner sagt.
Wie es weiterging nach dem Abendessen? Aber meine Damen, so etwas verrät ein Kavalier nicht.
Neun Monate danach kam unsere Tochter Lisa zur Welt, und sie war ein Kind der Liebe. Nichts da mit Flower Power! Sie sehen, wie mich die Erinnerung an jene sommerliche Begegnung in blumige Stimmung versetzt. Ich könnte natürlich sagen: Ich wünsche jedem Mann eine Frau wie Marie-Lou, doch das geht leider nicht. Denn an jenem Maitag auf dem Zürichseeschiff Regula und Felix haben sich, das darf ich wohl sagen, zwei Einmalige getroffen.”