Vergangene Woche ist der 68-jährige polarisierende Hardliner Peter Riebli zum neuen SVP-Präsidenten des Kantons Baselland gewählt worden. Er gilt als Förderer der «Strategiechefin» Sarah Regez. Zu ihr gäbe es einiges zu sagen.
Die Fakten sind bekannt: Sarah Regez hatte vor knapp einem Jahr eine geheime Veranstaltung mit dem österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner besucht. Er war Sprecher der völkisch orientierten rechtsextremen «Identitären Bewegung Österreichs» und propagiert rassistische und antisemitische Positionen. Deutschland, die USA und Grossbritannien haben ein Einreiseverbot gegen Sellner verhängt.
Im vergangenen März hatte ihn die rechtsextreme Deutschschweizer Bewegung «Junge Tat» zu einem Vortrag ins aargauische Tegerfelden eingeladen. Die Junge Tat wird vom Schweizerischen Nachrichtendienst SND beobachtet. Titel von Sellners Vortrag: «Ethnische Wahl und Remigration». Doch Sellner konnte in Tegerfelden nicht sprechen. Die Aargauer Polizei hielt ihn an und wies ihn weg.
Sucht man im Internet nach «Martin Sellner» so erhält man 874’000 Einträge. Seit Monaten berichten die Zeitungen, das Radio, das Fernsehen über den provozierenden Rechtsextremen. Auf TikTok ist Sellner allgegenwärtig.
Doch die Strategiechefin der Jungen SVP kannte ihn nicht. Das zumindest sagt sie in einem Interview mit der Sonntagszeitung.
Zwar glaubt ihr das kaum jemand. Doch sei es: in dubio pro reo.
«Der Name Sellner war mir damals (im Mai 2023) überhaupt kein Begriff», sagte Regez der Sonntagszeitung. Sie habe auch keine Ahnung gehabt, wer den Anlass organisiert habe.
Liest Frau Regez keine Zeitung? Sind die 874’000 Berichte über Martin Sellner einfach an ihr vorbeigegangen? Hört sie kein Radio, schaut sie kein Fernsehen? Lebt sie abgekoppelt von der politischen Realität? Die Dreissigjährige ist «Strategiechefin» der Jungen SVP. Ein grosser Titel. Ein wichtiges Amt. Für die Politik und die Weiterentwicklung einer Partei ist die Strategie das A und O. Kann Frau Regez an der Strategie der Jungen SVP arbeiten, wenn sie das politische Klima, die politische Realität nicht kennt – wenn sie nicht weiss, was um sie herum geschieht?
Um eine politische Strategie festlegen zu können, muss man doch die Fakten kennen, die politische Grosswetterlage. Man muss wissen, wer heute politisch mitmischt, man muss die verschiedenen Ideologien kennen, die verschiedenen Player auf der politischen Bühne. Frau Regez muss die Stimmung in den verschiedenen Bevölkerungsschichten kennen. Sie sollte ein bisschen etwas von Politologie und Wirtschaft verstehen.
Doch Frau Regez scheint sträflich uninformiert. Strategie ist zu wichtig, um sie einer Unbedarften zu überlassen. Ist Sarah Regez einfach nur, was sie als Strategiechefin nicht sein dürfte, naiv? Oder versucht sie, mit einer blauäugigen Ausflucht ihr Gesicht zu wahren?
Nicht nur der neugewählte, umstrittene Baselbieter SVP-Chef hat sich für Regez stark gemacht. Mehrere bekannte SVP-Grössen halten ihr die Stange. Christoph Blocher bezeichnet Regez’ Besuch am Geheimtreffen mit Sellner als «unproblematisch». Doch längst nicht alle sind dieser Ansicht. Vielen in der grössten schweizerischen Partei ist die Geschichte um Frau Regez sehr unangenehm, ja peinlich. Viele wollen nicht, dass der Partei das Label des «Rechtsextremismus», des «Rassismus» und der «Remigration» (Martin Sellers Lieblingsthema) angehängt wird. Mehrere Junge-SVP-Sektionen haben sich von Frau Regez distanziert. Sie verlangen eine «klare Abgrenzung von extremistischen Gruppierungen» sowie «ein Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung».
Jedenfalls hat Sarah Regez sich und der Partei keinen Dienst erwiesen. Nachdem Kritik über sie hereingebrochen war, bemühte sie sich um Schadensbegrenzung und strampelte: «Es ist doch wichtig, dass man auch andere Meinungen immer wieder anhört.»
Vielleicht ist Frau Regez nicht die richtige Person auf dem wichtigen Posten der Strategiechefin. Sogar ihre Grossmutter hat sich laut «Blick» von den politischen Positionen ihrer Enkelin distanziert: «Ihre Haltung ist für mich unverständlich.» Und auch für Spott muss sie sich nicht sorgen.