Zwei Wochen nach den Attentaten islamistischer Terroristen in und bei Paris mit 17 Todesopfern sagt der französische Premierminister Valls, dass es in Frankreich eine "territoriale, soziale und ethnische Apartheid" gebe. Er setzte dies in Parallele mit dem gewalttätigen sozialen Aufruhr in den Pariser Vorstädten von 2005. Die beiden Ereignisse sind nicht vergleichbar. Man sprach damals von "Ghettos", in denen sich wegen einer jahrzehntelangen Diskriminierung der Immigranten eine explosive Spannung entladen hatte. Das Wort "Ghetto" war ebenso unglücklich gewählt wie jetzt das Wort "Apartheid", auch wenn die zugrundeliegenden Analysen damals wie heute stimmen. Nicht aber das historische Umfeld, die Ethymologie und schon gar nicht die neuen Umstände.
Valls wiederholte auch die griffige, aber ebenfalls unkorrekte Formel, dass man sich in einem "Krieg" gegen die islamistischen Terroristen befinde. Das trifft für die französische Armee in Mali, im Irak und in Syrien zu, nicht aber in Frankreich, wo nur Polizei und Geheimdienste verzweifelt den 3000 potentiellen Terroristen nachjagen, die aus den Gefängnissen oder aus Syrien zurückkommen, zum Töten. Hingegen beschied Valls realistisch, dass man nunmehr auf das Wort "Integration" zu verzichten habe, weil diese nicht funktioniere. Dagegen sei auf "Citoyennité" (Bürgersinn) zu setzen - Respekt der Verfassung und der Menschenrechte und von "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit". Nur: Wer die Integration verweigert - weil man sie ihm verweigert oder, immer mehr, weil er sie verweigert und immer mehr aus religiösen oder kriminellen Gründen - kann oder will von "Citoyennité" nichts verstehen.
"Je suis Charlie" reicht nicht mehr. Man darf hier aber auch sagen: "Je ne suis pas Charlie", ohne gesteinigt zu werden. Ein französischer Journalistenkollege bedauert nunmehr die "müde Demokratie", die ihre Ideale nicht verteidigt. Tolerante Muslime (die überwiegende Mehrheit) finden Frankreich zu tolerant - gegenüber ihren radikalen "Glaubensbrüdern". Erst muss man jetzt also die Worte richtig setzen. Am Radio wurde gefragt, warum man ständig von "Jihadisten" (quasi ein Ehrentitel) rede statt von Terroristen und Mördern. Und man zitiert jetzt ständig Albert Camus, der es nicht gesagt (aber gedacht) hat: "Mit falschen Worten mehrt man das Unheil in der Welt".