Nach dem Militärschlag Israels auf Iran hört man dort statt der üblichen Rufe nach Rache vor allem Spott. Der Rest der Beteiligten scheint vorerst zufrieden damit zu sein, dass ein grosser Krieg vermieden werden konnte.
Vergeblich sucht man in der offiziellen Reaktion das Wort انتقام, Rache. Das ist nicht bemerkenswert: Das ist Strategie. In «normalen» Zeiten wäre in einer solchen kriegerischen Situation Vergeltungsvokabular unverzichtbarer Bestandteil der Propaganda. Doch im Gegenteil: Die Macht in Teheran hat auf Gespött und Sarkasmus umgeschaltet. Man liest und hört von «Feuerwerk», von gescheiterter Symbolik und fiktiven Erfolgsmeldungen der Zionisten.
Was Israel mit seinem nächtlichen Angriff auf Iran tatsächlich erreicht hat, lässt sich kaum realistisch feststellen, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Tel Aviv behauptet, im Himmel über Iran freie Hand gehabt zu haben, was eine grosse Erfahrung für künftige Aktionen und Militärplanungen sei. Mehr als hundert israelische Kampfflugzeuge hätten zwanzig Ziele in verschieden Teilen Irans präzise angegriffen, ohne dass die iranische Luftabwehr irgendetwas dagegen habe tun können. Der Aktionsradius sei beinahe zweitausend Kilometer weit gewesen.
Fatemeh Mohajerani, wortmächtige Sprecherin des Präsidenten, ist mächtig stolz auf «die Jungs von der Luftabwehr», die dem Feind eine Lehre erteilt hätten. Bis zur Stunde schmücken Namen und Bilder von vier Offizieren der Luftabwehr iranische Propagandaseiten, die bei einem Angriff im Westen des Landes ums Leben gekommen sind.
Wenn Zufriedenheit ein relativer Zustand ist, dann sind jedenfalls alle Beteiligten relativ zufrieden mit dem, was die israelische Luftwaffe bei ihrem nächtlichen Angriff in Iran angerichtet hat oder auch nicht. Zu allererst sind die Wahlkampf führenden US-Amerikaner zufrieden, die Netanjahu seit Wochen zur Mässigung drängen. Die Mühe von US-Aussenminister Antony Blinken, der sich praktisch die ganze Woche in Israel und verschiedenen Hauptstädten der Region aufhielt, war offenbar erfolgreich. Manche behaupten, er habe das Geschehen aus nächster Nähe verfolgt.
Die US-Administration hatte nach dem Massaker vom 7. Oktober stets wiederholt, sie fühle sich verpflichtet, im Falle des Falles sofort in das militärische Geschehen eingreifen zu müssen. Deshalb hat sie emsig daran gearbeitet, dass dieser «Fall» gar nicht erst eintritt. Mit Erfolg, denn Biden kann in diesen Tagen alles brauchen, aber nicht einen Krieg mit Iran. Washington ist also zufrieden.
Ob Netanjahu diesmal doch auf Biden gehört hat oder ihn seine Probleme in Libanon und Gaza gezwungen haben, sich auf das Minimale zu konzentrieren, ist eine andere Geschichte. Aber auch er zeigt sich vorerst zufrieden.
Und Ali Khamenei? Weder kann noch will er einen Krieg mit Israel. Die sarkastische Sprache in Iran am Tage danach spricht Bände: Sie demonstriert Zufriedenheit.
Mit freunlicher Genehmigung Iran Journal