In dem am Donnerstag vorgestellten »Bericht über die menschliche Entwicklung 2010« heisst es: »Für jedes Land, in dem Ungleichheit der Einkommen im Verlauf der vergangenen 30 Jahre abgenommen hat, findet man mehr als zwei Länder, in denen sich die Lage verschlimmerte.«
Dies gelte insbesondere für die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, aber auch für die meisten Länder Ostasiens. Eine Ausnahme bilde Lateinamerika, wo sich das skandalöse Gefälle zwischen Arm und Reich etwas gemildert habe.
Die Schweiz auf Platz 13 hinter Deutschland
Jahressieger in der Rangordnung der menschlichen Entwicklung wurde erneut Norwegen, gefolgt von Australien, Neuseeland und den USA. Die Schweiz steht auf Platz 13 hinter Deutschland, Japan und Südkorea. Den letzten Platz nimmt Simbabwe ein - das sich unter dem Diktator Robert Mugabe im freien Fall befindet.
Die seit 1990 vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) ausgearbeiteten Jahresberichte beschränken sich nicht auf einen Vergleich der Pro-Kopf-Einkommen, sondern ziehen andere Faktoren wie Bildung, Gesundheit, Lebenserwartung, Chancengleichheit von Frauen und Männern, Zugang zu Dienstleistungen und soziale Sicherheit für ihre Bewertung heran.
Die grössten Fortschritte: China und Oman
Dieses Jahr feiert das Werk seinen zwanzigsten Geburtstag. Seit dem ersten Bericht haben das Sultanat Oman am Persischen Golf und China die grössten Fortschritte gemacht, schreiben die Autoren. China steht auf der Rangliste der menschlichen Entwicklung zwar erst auf Platz 89. Die Chinesen haben sich aber in fünf Jahren um acht Plätze verbessert. Mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 73,5 Jahren überholten sie auf diesem Gebiet die Nachfolgestaaten der Sowjetunion und sogar Länder wie Rumänien oder die Türkei.
Weltweit seien in den letzten zwei Jahrzehnten »substantielle Fortschritte« erzielt worden, heisst es in dem Bericht: »Die meisten Menschen sind heute gesünder, leben länger und haben mehr Bildung. Sogar in den wirtschaftlich benachteiligten Ländern haben sich der Bildungsstand und die Volksgesundheit stark verbessert.«
Einige Errungenschaften haben sich allerdings in jüngster Zeit als zerbrechlich herausgestellt, meinen die UNO-Experten. Sie verweisen darauf, dass die Finanzkrise zum Verlust von 34 Millionen Arbeitsplätzen führte und zusätzliche 64 Millionen Menschen unter die kritische Einkommensschwelle von 1,25 Dollar pro Tag stürzte.
"Mehrdimensionale Armut"
Ein Drittel der Bevölkerung von 104 untersuchten Entwicklungsländern leidet laut dem Bericht unter einer »mehrdimensionalen Armut«. Darunter verstehen die Experten neben dem unzureichenden Einkommen schlechte Gesundheit und Ernährung, niedrigen Bildungsstand und Qualifikationsmängel, unsichere Existenzgrundlagen, schlechte Wohnbedingungen und soziale Ausgrenzung. 51 Prozent dieser mehrdimensionalen Armen leben in Südasien, 28 Prozent in Afrika südlich der Sahara. Lateinamerika und die Karibik schneiden mit drei Prozent relativ gut ab.